Berufsreport Consulting
Consulting hat bei Absolventen nichts von seiner Faszination verloren.
Denn wenige Berufe bieten so viel auf einmal: tiefe Einblicke und spannende Aufgaben.
Consultant — wie wird man so etwas? Wer sich in der Branche umsieht, stößt auf unterschiedlichste Werdegänge. Während einige schon früh den Wunsch hatten, gleich nach dem Studium in die Beratung zu gehen, sehen sich andere erst in anderen Branchen um. Oft arbeiten sie auch erst als Assistent an einem Lehrstuhl, um ihre Doktorarbeit zu schreiben. Dann gibt es Consultants, die es bereits weit im Management eines größeren Unternehmens gebracht haben und erst jetzt ihr Interesse an dem Beruf entdecken. Und es gibt Professoren, die die Hochschule Hochschule sein lassen und plötzlich auf Unternehmensberatung umschwenken. Manche gründen auch eine Beratung, bleiben jedoch weiterhin als Dozent tätig.
Und so wie es den einen oder anderen Professor im Consulting gibt, begegnen einem auch immer mehr ehemalige Berater als Professoren — meist an Fachhochschulen. Sie sind dort besonders gern gesehen, da bei dieser Art Hochschule die Vermittlung praktischen Wissens bis heute im Vordergrund steht. Je mehr praktische Erfahrungen ein Dozent mitbringt, desto besser. Allerdings ist hier in der Regel ein Doktorgrad notwendig, um zum Fachhochschulprofessor ernannt zu werden.
Viele bewerben sich gleich nach dem Studium bei einer Beratung. Die meisten haben davor mittels eines Praktikums in den Beruf hineingeschnuppert, um herauszufinden, was er überhaupt bedeutet und wie das Leben eines Consultant aussieht. Einige wenige bringen sogar den Mut auf, bereits ganz früh und ohne große Erfahrung eine eigene Beratung zu gründen, ein Start-up mit ihnen als Entrepreneur.
So unterschiedlich die Wege sind, so unterschiedlich können die Motive sein, Berater zu werden. Während es bei den einen die Leidenschaft für den Beruf ist, sehen ihn andere eher als erste Etappe ihrer Managementkarriere. Tatsächlich findet man in der Wirtschaft viele Führungskräfte, die nach zwei, drei Jahren Beratertätigkeit lukrative Angebote erhielten und ihren Berufsweg in einem Unternehmen fortsetzten.
Kerkhoff Consulting
Einkauf, Logistik und Supply Chains sind die Themen, mit denen sich die Consultants Katharina Schaich und Nils Brehme Tag für Tag beschäftigen. Wie wichtig beispielsweise funktionierende Lieferketten sind, kann man derzeit weltweit beobachten.
In letzter Zeit kann man viel über die Probleme bei den internationalen Lieferketten lesen.
Schaich: In der Tat liegt da einiges im Argen. Sogar in einem Ausmaß, wie man es bislang nicht kannte.
Was sind die Ursachen?
Brehme: Als die Corona-Krise letztes Jahr so richtig Fahrt aufnahm, bestellten viele Unternehmen aus Vorsicht viel weniger bei den Lieferanten. Als die Wirtschaft schneller anzog als erwartet, waren viele Lager weitgehend leer.
Schaich: Hinzu kommen Bullwhip-Effekte, wie sie etwa durch die Havarie im Suezkanal entstehen.
Wann wird es sich normalisieren?
Brehme: Wie es momentan aussieht, dürfte es sich noch weit ins nächste Jahr hineinziehen. Davon sind nicht nur Computerchips, sondern auch andere Komponenten, Materialien und Rohstoffe betroffen.
Und als Spezialisten für Einkauf, Logistik und Supply Chain sind Sie mitten drin im Geschehen.
Schaich: Ja, das sind wirklich äußerst spannende Zeiten.
Brehme: Zumal die meisten Konsumenten volle Regale gewohnt sind.
Schaich: Man sagt, eine gute Supply Chain sehe und höre man nicht, da sie perfekt im Hintergrund funktioniere.
Kommt es da auch zu Feuerwehreinsätzen für Ihre Kunden?
Brehme: Ja, es kommt immer wieder vor, dass wir sehr schnell mit unserer Expertise aushelfen müssen.
Wie kam es, dass Sie als Consultants auf diesem Gebiet tätig sind?
Brehme: Ich habe mich schon im Bachelorstudium mit Beschaffung, Produktion und Logistik befasst und im Masterstudium mit strategischem Management und Consulting.
Also die perfekte Vorbereitung.
Schaich: Bei mir ist es ähnlich. Beim BWL-Bachelor waren die Schwerpunkte Einkauf und Logistik. Bei meinem Master in Großbritannien lagen sie auf Supply Chain Management und Procurement.
Hat man nur mit solchen Fächern eine Chance bei Ihnen?
Brehme: Auch Bewerber mit generellem BWL-Studium und Wirtschaftsingenieure sind willkommen, ergänzt etwa durch praktische Vorerfahrung.
Was fasziniert Sie an dieser Arbeit?
Schaich: Zum einen ist es eine pragmatische Tätigkeit mit vielen Schnittstellen, bei der alle Zahnräder ineinandergreifen müssen. Zum anderen erfordert sie analytisches Denken und Kreativität, da man immer wieder vor neuen Aufgaben steht. Nicht zu vergessen die wirtschaftlichen Aspekte. Auch Risikoüberlegungen spielen eine Rolle. So ist etwa durch Corona Reshoring zum Thema geworden, also die Frage, ob man Produktionen ganz oder teilweise zurückholen sollte.
Brehme: Hinzu kommt, dass Nachhaltigkeit immer wichtiger wird — bei der Produktion, beim Einkauf und in der Logistik. Das erwarten nicht nur die Verbraucher, sondern auch unsere Kunden. Das macht die Sache zusätzlich spannend, da hier großes Potenzial vorhanden ist, gerade auch angesichts des Klimawandels. Ein weiteres sehr wichtiges Thema ist die Digitalisierung, ohne die auch bei unserer Arbeit nicht mehr viel geht.
Beratung erfordert auch bestimmte Social Skills.
Schaich: Sie sind sogar sehr wichtig. Beratung ist Dienstleistung, womit der Kunde im Mittelpunkt steht. Für ihn muss die bestmögliche Lösung gefunden werden. Das erfordert Empathie und Communication Skills. All das setzt auf unserer Seite intensive und effektive Teamarbeit voraus, bei der man sich gegenseitig unterstützt. Man muss also gern mit Menschen zusammenarbeiten, denn Beratung ist People Business.
Ganz besonders deutlich wird dieser fast organische Übergang vom Berater zum Manager beim Inhouse Consulting, das sich inzwischen mehrere Konzerne aus vielen Wirtschaftssektoren zugelegt haben, und das zugleich als Talent Pool für künftige Führungskräfte des Unternehmens fungiert. Der Gedanke ist naheliegend: Wer zuvor seine Fähigkeiten als interner Berater unter Beweis gestellt und dabei viele Teile des Konzerns und oft auch Tochterunternehmen kennengelernt hat, ist für Mana-gementaufgaben — mit der Chance, ganz weit nach oben aufzusteigen — geradezu prädestiniert.
Für die Konzerne lohnt sich ein Inhouse Consulting noch aus einem anderen Grund: Neben den Traineeprogrammen, die viele anbieten, und den Vorstandsassistentenstellen, die ebenfalls oft auf Top-Positionen führen können, ist mit dem Inhouse Consulting ein weiterer Zugang für vielversprechenden Nachwuchs zum Unternehmen geschaffen.
Dann gibt es Berater, für die die Arbeit für eine Consultingfirma zum Sprungbrett ins Unternehmertum wird. Nicht zu Unrecht sind sie der Meinung, dass sie all das Wissen, das sie als Berater erwerben, später im eigenen Unternehmen verwenden können. Also halten sie schon mal Aussicht nach Branchen und Marktnischen, in denen sich eine Neugründung lohnen könnte. So sind nicht wenige Start-ups in den letzten Jahren von ehemaligen Consultants ins Leben gerufen worden. Oft tun sich auch zwei oder drei ehemalige Beraterkollegen zusammen und versuchen gemeinsam ihr Glück.
Ob so viel betriebswirtschaftliches Know-how zwangsläufig zum Erfolg führen muss, ist jedoch eine andere Frage. Denn im Wilden Westen der Start-ups ist alles möglich und nichts garantiert. Zumindest werden die Geldgeber mehr Vertrauen in eine Neugründung haben, wenn sie hören, dass die Entrepreneure früher Unternehmensberater waren.
Übrigens gibt es auch die Variante, dass sich Consultingfirmen an den Start-ups ihrer Berater beteiligen, falls sie sie für vielversprechend halten. Manche Unternehmensberatungen betreiben nebenbei auch Venture-Capital-Firmen, die in verheißungsvolle neue Firmen investieren. Da Beratungsfirmen automatisch den Finger am Puls der Wirtschaft haben und ohnehin für ihre Kunden zukünftige Märkte erkunden und beurteilen müssen, können sie diese Erkenntnisse — seien es neue technologische Entwicklungen, neue Geschäftsmodelle oder Konsumtrends — auch für eigene Zwecke nutzen.
Natürlich ist auch eine Karriere im Beratungsunternehmen erwünscht. Und je besser der Berater, desto schmerzlicher der Verlust, sollte er abwandern. Doch es gibt viele Consultants, die sich so in diesen Beruf verlieben, dass sie sich keine andere Tätigkeit vorstellen können, die ihnen ebenso viel Freude machen würde.
Simon-Kucher & Partners
Sie gehört zu den erfolgreichsten deutschen Beratungen. Prof. Hermann Simon, heute Chairman des Unternehmens, hat sie vor 36 Jahren mitgegründet. Außer dem Bestseller „Hidden Champions“ hat er noch mehrere Bücher verfasst.
Auch an den Unternehmensberatungen geht Corona offenbar nicht spurlos vorbei.
Die Pandemie ist wider Erwarten noch nicht vorbei. Wie stark behindert sie Ihre Arbeit?
Simon: Wir haben die interessante Erfahrung gemacht, dass sich dank der technischen Hilfsmittel viel mehr auf Distanz machen lässt, als wir zuvor angenommen hatten. Persönliche Begegnungen mit den Kunden sind natürlich wichtig. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass die starke Reisetätigkeit, die bislang zum Beraterberuf gehörte, nach der Pandemie nicht mehr nötig sein wird.
Bewerber mit Familie, die die intensive Reisetätigkeit oft abschreckt, werden das sicherlich mit Freude hören.
Simon: Hier könnte sich tatsächlich etwas verändern, was den Beruf für viele zusätzlich attraktiv macht.
Auch durch Ihre Vortragstätigkeit sind Sie viel in der Welt unterwegs gewesen.
Simon: Das war plötzlich nicht mehr möglich. Und wie sich herausstellte, auch gar nicht nötig. Kürzlich trat ich an einem Tag in vier Ländern per Videoübertragung auf. Früher hätte ich dafür mehrere Tage reisen müssen.
Wie hat sich die Pandemie auf das Geschäft ausgewirkt?
Simon: Sogar 2020 sind wir trotz anfänglicher Befürchtungen leicht gewachsen. Während es dieses Jahr in einem Maße zugenommen hat, mit dem wir nicht gerechnet hatten.
Ihr Bedarf an Beraternachwuchs ist also nicht gesunken.
Simon: Auf keinen Fall. Wir beschäftigen heute mehr als 1.600 Mitarbeiter in 26 Ländern und gehen davon aus, dass wir noch viele Wachstumschancen haben. Wofür wir auch weiterhin talentierten Nachwuchs benötigen.
Sie haben bereits einige Generationen von Absolventinnen und Absolventen erlebt. Wodurch zeichnet sich die heutige aus?
Simon: Was auffällt ist, dass heute sehr viele Auslandserfahrung mitbringen, sei es durch Praktika im Ausland oder Auslandssemester. Was früher in diesem Maße nicht üblich war.
Was Sie als internationales Unternehmen sicher begrüßen.
Simon: Auf jeden Fall. Die Globalisierung hat die Welt stark verändert, auch wenn die Pandemie das Reisen momentan einschränkt. Und das erfordert Neugier, offen zu sein für Neues und mit Menschen aus vielen Kulturen zusammenzuarbeiten.
Und die anderen Anforderungen?
Simon: Sind im Wesentlichen gleichgeblieben. Analytisches und strukuriertes Denken sind nach wie vor das A und O. Kreativität und Kundenorientierung sind auch sehr wichtig.
Eine Spezialität Ihrer Beratung ist Pricing, also den optimalen Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung finden. Ist das bei völlig neuen Angeboten nicht schwierig?
Simon: Da sprechen Sie einen interessanten Punkt an. In der Tat bringen neue Technologien neue Produkte und Services mit sich, von denen man oft nicht weiß, ob sie sich durchsetzen und wie hoch die Zahlungsbereitschaft ist. Das macht die Sache zusätzlich spannend.
Beratung in so vielen Ländern anzubieten, erfordert sicher viel kulturelles Know-how.
Simon: Auf jeden Fall. Die Mentalitäten und Präferenzen der Konsumenten können sehr unterschiedlich sein. Deshalb stammen die Berater in unseren Auslandsbüros überwiegend aus den jeweiligen Ländern.
Wer in der Beratung bleibt und dort Karriere macht, durchläuft mehrere Stufen: Analyst, Junior Consultant, Consultant, Senior Consultant, Managing Director und möglicherweise eines Tages auch Partner. Manchmal weichen die Karrierestufen und ihre Bezeichnungen etwas voneinander ab. Schließlich sind es keine gesetzlich definierten Beförderungsstufen.
Eine der meist gestellten Fragen ist, welche Anforderungen an die Ausbildung von Consultants gestellt werden. Da Unternehmensberater — anders als etwa der Steuerberater — kein staatlich geregelter Beruf ist, kann sich jeder so nennen, auch ohne eine Berufsausbildung durchlaufen oder etwas studiert zu haben. Laut Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) gibt es derzeit etwa 15.400 Beratungsgesellschaften mit 110.000 Beratern. Insgesamt werden 134.000 Mitarbeiter in der Branche beschäftigt. Wer Mitglied beim BDU werden will, muss allerdings einige Kriterien erfüllen. Dazu gehören insbesondere fünf Jahre Berufserfahrung in einer Managementposition, davon drei Jahre in einer Unternehmensberatung. Auf diese Weise soll ein bestimmter Qualitätsstandard bei der Beratung gewährleistet werden.
Berater sind gefragt. Was man bereits daran sieht, dass die Umsatzentwicklung seit neun Jahren nur nach oben zeigt. 2018 waren es 33,6 Mrd. Euro, die die Branche einnahm, 2019 waren es etwa sieben Prozent mehr. Und es ist kein Wunder: Die rasante Entwicklung in vielen Bereichen der Wirtschaft führt zu ständig neuen Produkten, Dienstleistungen, Kundenanforderungen und Geschäftsmodellen. Getrieben wird das Ganze in erster Linie durch die technologische Entwicklung, wobei die schnell fortschreitende Digitalisierug einen immer größeren Teil ausmacht. Nicht zu vergessen die Er-oberung neuer Märkte im Rahmen der Globalisierung.
Das alles führt nicht nur zu vielen Umbrüchen, sondern auch zu viel Unsicherheit und Risken in den Unternehmen. Da ist oft guter Rat teuer — ob es nun um die Einschätzung neuer Technologien geht, um Produkt- und Preispolitik, um notwendige Restrukturierungen oder um die Abwehr der Attacken kleiner und flexibler Start-ups, die möglicherweise etablierte Geschäfte ins Wanken bringen.
Der Online-Handel, der sich permanent ausweitet, immer wieder neue Vermittlungsplattformen, die sich zwischen die Anbieter und Nachfrager schieben, neue Online-Medien, Fintechs und Insurtechs, die den Banken und Versicherungen die Kunden abspenstig machen oder neue Trends — von neuen Mobilitätskonzepten bis zum Cloud Computing: Zurzeit ist enorm viel los in der Wirtschaft. Und das Tempo wird sich noch beschleunigen. Von den Anforderungen, die der Klimawandel, der immer lauter ertönende Ruf nach Nachhaltigkeit, zunehmend gesundheitsbewusstere und anspruchsvollere Verbraucher oder immer strengere gesetzliche Vorschriften in vielen Bereichen stellen, gar nicht zu reden.
Diese — bei weitem nicht vollständige — Aufzählung macht auch deutlich, welche Aufgaben auf heutige Berater warten. Und dass da mit Sicherheit für jeden etwas dabei ist, der mit dem Gedanken spielt, sein Berufsleben in der Beratung zu starten. Und es stellt klar, dass sie alles andere als eine berufliche Sackgasse ist, sondern ein regelrechtes Universum an beruflichen Möglichkeiten eröffnet, selbst wenn man den Beruf eines Tages hinter sich lassen sollte.
Ja, Consultants können sogar Poliiker werden, wie es der neue griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, der früher bei McKinsey arbeitete, gerade vormacht. Ein weiteres Beispiel ist Mitt Romney, einst Governor von Massachusetts, der 2012 ins Rennen um die US-Präsidentschaft ging, bei dem er dann Barack Obama unterlag. Heute ist er einer der engagiertesten Kritiker seines Parteifreundes Donald Trump. Früher war er mal Berater von Bain & Company.
Dabei ist es fast gleichgültig, was einer früher studiert hat — oft war es BWL, VWL, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftsinformatik oder auch Wirtschaftsmathematik. Gefragt ist alles. Das gilt auch für ITler, Mathematiker, Physiker, Chemiker, Ingenieure und Juristen, selbst für Psychologen, Mediziner und Geografen. Sogar Philosophen, Literatur- und Religionswissenschaftler sind schon im Consulting gesichtet worden.
Iskander Business Partner
Auf sein Bauchgefühl kann sich Marcel Meyer offenbar verlassen. Nach dem Bachelor- und Masterstudium an der Uni Mannheim und Praktika in verschiedenen Branchen arbeitet er als Unternehmensberater bei Iskander in München. Und seine Erwartungen haben sich erfüllt.
Sind Sie gleich von Anfang an Ihres Studiums auf Consulting zumarschiert?
Meyer: Überhaupt nicht. Ich spielte anfangs sogar mit dem Gedanken, Jura zu studieren. Weil mich auch BWL interessierte, entschied ich mich beim Bachelorstudium für eine Kombination beider Fächer. Beim Master ging es nur noch um BWL, mit Schwerpunkt strategisches Management.
Es war also — wie bei vielen Studenten — ein Suchprozess?
Meyer: Ja, und er ging noch weiter. Was man auch an meinen Praktika sieht, die in der Chemieindustrie, bei einer Big-Four-Gesellschaft, bei einer Sportwettenfirma auf Malta und bei einer Unternehmensberatung stattfanden.
Was zeigt, dass Sie neugierig und an vielen Facetten der Wirtschaft interessiert sind.
Meyer: Ich wollte mir auf jeden Fall einiges ansehen, bevor ich eine berufliche Entscheidung traf.
Neugier und ein breitgefächertes Interesse erwartet man auch von einem Consultant.
Meyer: Ich denke, dass es mir auch im Beruf hilft, weil ich hier ständig mit neuen Aufgaben konfrontiert bin. Wofür ich mich bei dem Berufseinstieg bewusst entschieden habe.
Consulting ist People Business. Man muss also auch Spaß daran haben, mit Menschen umzugehen.
Meyer: Das kommt hinzu und ist für mich ein weiterer positiver Aspekt. Ich finde es spannend, immer wieder mit neuen Menschen zusammenzukommen und zusammenzuarbeiten. Man lernt unglaublich viel dabei.
Als Unternehmensberater ist man auch viel unterwegs.
Meyer: Das gehört dazu. Und es gefällt mir, denn auch dadurch lernt man viel Neues kennen.
Die Partnerin stört es nicht?
Meyer: Bislang nicht.
Woran haben Sie bisher gearbeitet?
Meyer: An zwei Projekten für die Telekommunikationsindustrie, einmal im B2B- und einmal im B2C-Bereich. Wobei es unter anderem um Vertriebsoptimierung ging.
Wie kamen Sie zu Iskander?
Meyer: Durch Recherchen. Ich hatte bestimmte Vorstellungen und Kriterien, wo ich arbeiten wollte. Eines war, dass es keine zu große Beratung sein sollte. Auch die Team-Atmosphäre und ein gutes Verhältnis zwischen den Kollegen sind mir sehr wichtig. Weiterhin gefiel mir, dass die Beratungsschwerpunkte bei Iskander auf Wachstumsthemen sowie auf Innovation, Marketing, Vertrieb und auf Customer Relationship Management liegen.
Wie war das Bewerbungs- und Auswahlverfahren?
Meyer: Sehr professionell und fair.
Wurden auch Interviews und Case Studies eingesetzt?
Meyer: Ja, das ist heute Standard in der Branche. Und die Schwierigkeitsgrade sind auch sehr ähnlich. Zuvor hatte ich mich noch bei zwei anderen Unternehmensberatungen beworben und dort bereits Angebote erhalten.
Was gab den Ausschlag?
Meyer: Letztlich mein Bauchgefühl. Auch die beiden anderen Beratungen machten einen guten Eindruck, doch hier schien mir die Atmosphäre noch einen Tick besser zu sein.
Hat sich das Bauchgefühl bestätigt?
Meyer: Es hat mich nicht getrogen. Man kann sich also doch manchmal darauf verlassen.
Doch während sich die Nachfrage nach Orchideenfächern eher in Grenzen hält, ist sie bei wirtschaftlichen Studienfächern in all ihren Spielarten ausgesprochen groß. Das hat auch damit zu tun, dass seit Jahren ständig neue Beratungen hinzukommen. Etwa weil sich Berater großer Consultingfirmen — nachdem sie das Handwerkszeug erlernt haben — selbständig machen. Einigen gelingt gleich ein fulminanter Start mit anschließend starkem Wachstum, wodurch wiederum neue Beraterjobs entstehen.
Vielfach tun sich auch neue Beratungsfelder auf, wie es etwa seit vielen Jahren im IT-Bereich zu beobachten ist, bei dem oft eine Neuerung die andere jagt. Ähnliches hat die Globalisierung mit ihren grenzüberschreitenden, oft sogar weltweiten Supply Chains ausgelöst. Sie führte auch zu neuem Beschaffungsverhalten, war es doch plötzlich möglich, mehr oder weniger rund um die Welt nach preiswerten Rohstoffen, Produkten und Produktteilen Ausschau zu halten. Parallel dazu etablierten sich zahlreiche Beratungen, die sich auf Purchasing und Supply Chains spezialisierten.
Ein neues Thema, das in den Unternehmen jetzt immer ernster genommen wird, ist Nachhaltigkeit. Mit der Generation Greta entstehen hunderte Millionen neuer Konsumenten auf der ganzen Welt, die Produkte zunehmend kritisch daraufhin überprüfen, ob sie ihren Vorstellungen von Nachhaltigkeit entsprechen. Oder ob sie zum Klimawandel und zur Umweltverschmutzung — etwa durch übermäßigen Energieverbrauch oder Plastik — beitragen. Schon heute reagieren große Handelsketten und schaffen Plastik und Plastikverpackungen zunehmend ab. Auch hier dürften sich einige Beratungen etablieren, die sich auf diesen Themenkreis spezialisieren.
Bei all dem wundert es nicht, dass schon immer viele Absolventen gern im Consulting arbeiten wollten. Daran hat sich bis heute nichts geändert, außer dass es inzwischen noch mehr geworden sind. Denn die Vorteile, die damit verbunden sind, sind einfach zu verlockend. Man lernt nicht nur in kurzer Zeit die Wirtschaft „in action“ kennen, also so, wie sie — jenseits der Theorie an der Hochschule — tatsächlich ist. Und zwar gleich am Beispiel vieler Unternehmen aus oft unterschiedlichen Branchen.
Man ist zudem mitten drin im Geschehen, im täglichen Geschäftsleben mit all seinen Aspekten — positiven und manchmal auch negativen. Man lernt Manager kennen, nicht selten auch aus der ersten Führungsriege, ist mit kleinen und größeren Projekten befasst und hat die Chance, dass sich eigene Ideen und die eigene Kreativität in konkrete Ergbnisse umsetzen. Nicht wenige Berater erinnern sich später noch lebhaft daran, wie aus einem der Projekte, an denen sie mitgewirkt hatten, etwas Größeres entstand, das den Kunden nach vorn brachte, möglicherweise sogar das ganze Unternehmen rettete.
Junge Berater sprechen auch oft von der „steilen Lernkurve“, die sie durchlaufen. In der Tat gibt es anfangs enorm viel zu lernen. Wozu auch gehört, wie Projekte organisiert werden, wie die Räder in der jeweilgen Beratung ineinander greifen und nicht zuletzt, wie man sich gegenüber den Kunden verhält. Denn Consulting ist Dienstleistung, und die Kunden erhoffen sich viel, weshalb sie auch bereit sind, gutes Geld zu bezahlen. Die Arbeit und die Ergebnisse müssen ihnen zudem verständlich gemacht werden. Dabei erwarten sie nicht wolkige Erklärungen und Versprechungen, sondern konkrete Vorschläge, die sie nachvollziehen können. Es macht also Sinn, wenn bei Bewerbern auch darauf geachtet wird, wie gut sie — verbal und schriftlich — kommunizieren können.
Roll & Pastuch
Marketing ist nach wie vor ein beliebtes Studium. Womit auch der Beruf des Pricing- und Vertriebsberaters lockt. Martin Steinmeyer entdeckte ihn nach einem ganz anderem Studium. Heute ist er Projektmanager bei einer auf Pricing, Vertrieb und Marketing spezialisierten Unternehmensberatung.
Sie bezeichnen sich als „Technomathematiker“. Was muss man sich darunter vorstellen?
Steinmeyer: Ich habe den Master-Studiengang „Technomathematik“ an der TU München absolviert. Er ist zwischen Mathematik und Ingenieurwissenschaften angesiedelt. Es geht also um anwendungsbezogene Mathematik.
Da muss man sicher gut in Mathe sein und einiges an technischem Verständnis mitbringen.
Steinmeyer: Ja, das ist gewissermaßen Grundvoraussetzung. Wobei ich kein mathematischer Überflieger bin, aber natürlich gut mit Zahlen umgehen kann, was mir auch viel Spaß macht.
Wie hilft Ihnen dieses Studium heute als Unternehmensberater?
Steinmeyer: Da ist zum einen quantitatives Denken sehr wichtig. Das hilft mir beispielsweise beim Umgang mit Datenmodellen und Datenmengen. Die sind beim Pricing relevant, womit ich mich bei Roll & Pastuch viel beschäftige. Zum anderen lernt man in dem Studium, Probleme sorgfältig zu analysieren und den Dingen auf den Grund zu gehen.
Eine der Grundtätigkeiten jedes Beraters.
Steinmeyer: So kann man sagen. Anders lassen sich keine guten und dauerhaften Beratungsergebnisse erzielen. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass man entsprechende Fähigkeiten mitbringt und auch Freude daran hat, den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen.
Wie entstand dann bei Ihnen das Interesse an Wirtschaft, das man als Unternehmensberater ja ebenfalls benötigt?
Steinmeyer: Das war nicht gleich zu Anfang des Studiums vorhanden, sondern entwickelte sich erst einige Zeit später.
Durch eine berufliche Tätigkeit, die Sie danach ausübten?
Steinmeyer: Ja, zum Teil. Zum anderen auch durch den Austausch mit Freunden, die Betriebswirtschaft studiert haben. Aber auch durch mein Engagement bei der IKOM, einem Studentenverein zur Organisation von Karriereforen an der TU München. Da kam schon der Wunsch auf, ein MBA-Studium zu absolvieren.
Wo fand das Studium dann statt?
Steinmeyer: Es war ein dualer MBA, der mich übrigens auch für mehrere Wochen nach Turin und Paris an das Collège des Ingénieurs, kurz CDI, führte.
Viele empfehlen Absolventen, die ins Consulting wollen, ein Praktikum bei einer Beratung.
Steinmeyer: Das ist sicher ein guter Weg. In meinem Fall fühlte ich mich durch die MBA-Ausbildung sehr gut vorbereitet.
Beraten Sie bestimmte Branchen und Unternehmen?
Steinmeyer: Es sind Unternehmen unterschiedlicher Branchen, beispielsweise Hidden Champions im Maschinenbau, dann Unternehmen aus der Bauindustrie, dem Handel, der Chemieindustrie, Softwarefirmen und auch aus der Sozialwirtschaft.
Das klingt ausgesprochen abwechslungsreich.
Steinmeyer: Das ist es auch und ein besonderer Reiz dieses Berufes. Man bekommt einen sehr guten Einblick in viele Branchen und damit einen Überblick über die Wirtschaft insgesamt. Und man ist ständig mit neuen Aufgaben konfrontiert. Es ist also keine Minute langweilig.
Als Berater lernt man auch, wie wichtig heute Teamarbeit ist — falls man es nicht schon vorher erfahren hat. In einer komplexen Welt, die zunehmend komplizierter wird, reichen die Kenntnisse und die Kreativität eines Einzelnen nicht mehr aus, um optimale Lösungen zu finden. Jetzt muss an sehr vieles gedacht werden, was gedanklichen Input von vielen erfordert. Das ist auch der Grund, warum bei größeren Projekten gern Berater mit unterschiedlichem Ausbildungshintergrund eingesetzt werden. Das verspricht unterschiedliche Sichtweisen. Möglicherweise lassen sich sogar aus einem ganz anderen Gebiet und Problembereich Erkenntnisse für die aktuelle Aufgabe gewinnen. So kommt es nicht selten vor, dass eine ganz andere Branche ein ähnliches Problem bereits gelöst hat, man die Grundregeln aber durchaus von dort übernehmen kann. Das Rad muss also nicht immer neu erfunden werden.
Natürlich gibt es auch im Consulting immer wieder Standardsituationen und Standardprobleme, die man bereits mehrfach erlebt hat. Was jedoch nicht bedeutet, dass für den Kunden die Standardlösung passt. Er wird nur dann mit der Beratung zufrieden sein, wenn er das Gefühl hat — und auch sieht —, dass auf seine spezielle Situation eingegangen wird und ihm nicht einfach eine 08/15-Lösung verordnet wird. Denn das Beratungsunternehmen lebt auch davon, dass die Kunden wiederkommen. So gibt es durchaus Fälle, bei denen einzelne Beratungen viele Jahre für einen bestimmten Konzern arbeiten.
Was auch klar ist: Consulting ist kein Nine-to-five-Job. Das merkt man bereits, wenn man ein Praktikum macht. Was übrigens jedem dringend zu empfehlen ist, der sich zu diesem Beruf hingezogen fühlt. Wer Freunde und Bekannte hat, die in der Branche tätig sind, sollte auch diese Gelegenheit nutzen, zusätzliche Informationen einzuholen — zur Arbeit und den Aufgaben des Consultant generell. Denn Unternehmensberatung ist eine komplexe Tätigkeit, die sich Neulingen nicht ohne weiteres erschließt.
Doch wer sich ernsthaft für sie interessiert, ist ohnehin niemand, der jeden Tag um 17 Uhr seine Sachen zusammenpacken und nach Hause gehen will. Es ist eher jemand, der sich gern in knifflige Aufgaben reinhängt, der weiß, wie man dicke Bretter bohrt und sich nicht so leicht von Herausforderungen abschrecken lässt. Den es fasziniert, mit Problemen zu ringen — je komplexer und größer sie sind, desto besser. Und der etwas Neues austüfteln will, jenseits der Standardlösungen, jenseits des Mainstream.
Selbstverständlich haben nicht alle Berater dasselbe Naturell, das wäre auch nicht gut. Viele engagieren sich so für ihre Kunden, als sei es ihr eigenes Unternehmen. Nicht wenige Kunden erwarten das auch. Denn gute Beratung, zumal wenn sie über mehrere Monate geht, größere Teams erfordert und viel auf dem Spiel steht, ist teuer. Da wird von Kundenseite zu Recht Leistung verlangt. Auch ein Grund dafür, warum in den letzten Jahren immer mehr Auftraggeber dazu übergingen, die Beratungen auch zur Implementierung deren Vorschläge zu verpflichten — oder sie zumindest zu begleiten.
All das bedeutet jedoch nicht, dass die von Generation Y oft mit Vehemenz vorgetragene Forderung nach Work-Life-Balance in der Branche nicht angekommen ist (ob Generation Greta anders denken wird, ist noch nicht raus). Allerdings sieht man es etwas abgeklärter als anderswo. So akzeptieren nahezu alle Nachwuchsberater, dass man für die vielen Vorteile und Chancen, die der Beruf bietet, auch mal in die Pedale steigen muss. Dennoch legen viele Consultingfirmen Wert darauf, den Bogen nicht zu überspannen. Etwa indem es bei einigen verpönt ist, samstags im Büro aufzutauchen.
1 PLUS i
1 PLUS i hat sich auf die Finanzbranche spezialisiert. Bewerber, die keine Finanzexperten sind, haben dennoch eine Chance. Das intensive Training-on-the-job sorgt dafür, dass sie sehr gut auf ihre Tätigkeit vorbereitet werden, meint der geschäftsführende Partner und promovierte Betriebswirt Jochen Klement.
Ihre Kunden stammen in erster Linie aus der Finanzindustrie. Wer genau sind sie?
Klement: Banken aller Größen, Versicherungen und Bausparkassen. Aber auch Industrieunternehmen mit eigener Finanzabteilung. In den fast 20 Jahren, die 1 PLUS i besteht, haben wir weit über 300 Kunden beraten.
Wo liegt Ihr spezifisches Beratungs-Know-how?
Klement: Es geht um nationale und internationale Regulierungsthemen jeder Art, mit denen sich die Finanzwirtschaft seit Jahren, insbesondere nach der Finanzkrise, auseinandersetzen muss. Stichworte sind beispielsweise Basel IV in der Banken- und Solvency II und III in der Versicherungsbranche. Weiterhin befassen wir uns mit Risikomanagement und Handelssystemen.
Damit dürften viele komplexe Aufgaben verbunden sein, was hohen Beratungsbedarf erzeugt.
Klement: Ja, das wird sich auch nicht ändern. Außerdem kommen ständig neue Regulierungen und damit neue Themen hinzu.
Bedeutet das auch, dass Sie laufend Bedarf an Nachwuchsberatern haben?
Klement: Ja, man kann sich immer bei uns bewerben. Wenn unsere Einstellungskriterien erfüllt sind und die Chemie stimmt, hat man gute Einstiegschancen. Die Chemie ist wichtig, da wir alle eng und sehr kollegial zusammenarbeiten. Wir legen deshalb großen Wert auf ein gutes Miteinander.
Wahrscheinlich muss der Studienschwerpunkt Finance oder Bank-betriebslehre gewesen sein.
Klement: Das schadet zwar nicht, ist jedoch keine Voraussetzung. Bei uns arbeiten beispielsweise auch Informatiker, Physiker, Chemiker und Mathematiker.
Was verbindet sie?
Klement: Die Fähigkeit, analytisch und systematisch zu denken. Sehr wichtig ist auch die Neugier auf Neues. Wir nennen das hier „open up your mind“. Als Berater hat man ständig mit aktuellen Entwicklungen zu tun — genau das macht den Job so spannend. Auch der Wille und die Ausdauer, komplexen Problemen auf den Grund zu gehen, gehören dazu.
Mathematik ist sicher auch wichtig.
Klement: Ja, wobei die Anforderungen sehr verschieden sind. Risikomodelle etwa sind viel komplexer als die Strukturierung von Prozessen.
Nehmen Sie auch Bachelor?
Klement: Ja, zumal wenn sie Praktika oder eine Lehre gemacht haben.
Da Ihre Beratungsaufgaben nicht unbedingt zum Standardprogramm der Hochschulen gehören, durchläuft man sicher ein Training.
Klement: Selbstverständlich. Es ist ein intensives Training-on-the-job. Man wird also nicht ins kalte Wasser geworfen. Außerdem gibt es spezielle Schulungen, die einem helfen, sich fachlich weiterzuentwickeln und seine Soft Skills zu verbessern.
Welche sind besonders wichtig?
Klement: Beispielsweise Communication Skills, denn zur Beratung gehört auch, dass man gut erklären, die Kunden überzeugen und mitnehmen kann.
Die übliche Reisetätigkeit hat sich durch die Pandemie sicherlich reduziert.
Klement: Ja, wie sich herausgestellt hat, lässt sich vieles durch Videokonferenzen und Telefonate machen. Obwohl es den persönlichen Kontakt zum Kunden nicht völlig ersetzt.
Wer beruflich in Richtung Consulting denkt, muss zuerst einen Überblick über die bunte Beratungslandschaft gewinnen. Herauszufinden, worauf sich diese und jene und viele weitere kleine, mittelgroße und große Beratungen spezialisiert haben, ist nicht immer einfach und erfordert einiges an Recherche. Um sich kundig zu machen, muss man jedoch keine umfassende Marktstudie erstellen. Man sollte sich aber ein bis zwei Dutzend Beratungsfirmen genauer daraufhin ansehen, inwieweit sie zu den eigenen Interessen und Vorstellungen passen. Einen ersten Überblick über die Beratungsbranche bieten die jährlich neu erscheinenden Lünendonk-Listen, die die Unternehmen nach bestimmten Kriterien kategorisieren. Zu den kleineren und mittleren Beratungen bieten sie jedoch keine oder nur wenige Informationen.
Hinzu kommt, dass der Beratungsmarkt ständig in Bewegung ist. Kleinere, spezialisierte Consultingfirmen werden von größeren übernommen oder schließen sich zusammen. Auch Big-Four-Gesellschaften wie EY und PwC erweitern seit einiger Zeit ihre Tätigkeitsfelder und kaufen Consultingfirmen.
Nicht nur bei den großen, auch bei mittleren und kleineren Beratungen findet man meist Experten aus unterschiedlichsten Fachbereichen. So verschieden die fachlichen Qualifikationen der Berater auch sind, so sehr wird andererseits darauf geachtet, dass ihr Persönlichkeitsprofil bestimmte Merkmale aufweist — was jedoch nicht bedeutet, dass Uniformität gefragt ist. Da Einheitsdenke weder die Kreativität fördert noch der bunten Wirtschaft mit ihren vielen Unternehmen und Kulturen gerecht wird, ist sie auch bei Berater-Teams nicht gefragt. Ist der Kunde ein Unternehmen aus der Luxusgüterindustrie, hat man es mit anderen Menschen und Anforderungen zu tun als bei einem forschungsorientierten Pharmaunternehmen, dessen Chef Chemiker ist. Wieder andere Mentalitäten herrschen in einer Non-Government Organization vor, die die Armut in Afrika bekämpft.
Die meisten, die sich fürs Consulting interessieren, haben bereits davon gehört, dass in einigen Gesellschaften, vor allem in den amerikanischen, das Up-or-out-Prinzip zu Hause ist: Entweder man erklimmt in einem bestimmten Zeitraum die nächste Karrierestufe — wird also beispielsweise Senior Consultant oder Managing Director, oder man muss das Unternehmen verlassen. Ein Gedanke, der viele zögern lässt, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Außer man plant ohnehin, ihn nicht länger als zwei, drei Jahre auszuüben, um dann den Absprung auf eine Mana-gementposition in der Industrie zu schaffen.
Andere Beratungen halten nichts von „up or out“, dafür mehr von „stay and grow“. Damit sind oft unterschiedliche Geschwindigkeiten beim Erklimmen der Karriereleiter verbunden. Wer sich langsamer entwickelt, wird also nicht hinauskomplementiert, sondern so weit wie möglich unterstützt und gefördert. Das ist inbesondere bei spezialisierten Beratungsunternehmen der Fall. Für viele ist es sogar eine absurde Vorstellung, Experten, die sich über zwei, drei Jahre wertvolles Spezialwissen angeeignet haben, aus der Beratung zu drängen. Nur weil sie vielleicht etwas bedächtiger arbeiten oder nicht so viele neue Kunden akquirieren wie die anderen Berater.
Alle Beratungen sind darauf angewiesen sind, dass überdurchschnittlich schlaue und kundige Köpfe bei ihnen arbeiten — und sich bei ihnen wohlfühlen. Deshalb wird überall für Team Spirit und gute Arbeitsatmosphäre gesorgt. Außerdem wird allen die Möglichkeit gegeben, sich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln. Nicht zuletzt achtet man auf eine reibungslose Organisation im Hintergrund.
Viele Absolventen haben inzwischen die Vorteile kleinerer Beratungen entdeckt: Es herrscht oft noch Gründergeist, die Hierarchien sind flach, die Wege kurz, entsprechend hoch sind die Motivation und das Engagement. Dazu kommt, dass man schnell selbständig arbeiten und früh Verantwortung übernehmen kann. Ist man richtig gut und liegt man auf einer Linie mit den Gründern und Inhabern, kann man möglicherweise bald zum Partner aufsteigen und damit den weiteren Weg der Beratung und ihr Profil mitprägen. Damit erübrigt es sich auch, später eine eigene Unternehmensberatung zu gründen — sollte man das geplant haben.
Keine Frage: Consulting ist nicht nur ein sehr anspruchsvoller, sondern auch äußerst vielfältiger Beruf. Intensives Arbeiten und voller Einsatz sind untrennbar damit verbunden. Auf der anderen Seite erfährt und lernt man in kaum einem anderen Beruf in kurzer Zeit so viel wie hier.
Man ist sozusagen immer ganz vorn mit dabei, sei es bei fachlichen Fragen oder bei den geschäftlichen Entwicklungen, die die Branchen heute durchlaufen — oft in atemberaubendem Tempo. Damit sind tiefe Einblicke in unterschiedlichste Unternehmen verbunden. Man erfährt hautnah, wie moderne Unternehmen ticken und geführt werden und damit auch, was gutes und schlechtes Management ist. Nicht selten ist man sogar bei dramatischen Entwicklungen dabei — etwa wenn es um massive Restrukturierungen oder einen schnellen Turnaround geht, oder ein Unternehmen möglicherweise sogar am Abgrund steht.
Deshalb dürfte es keinen Unternehmensberater geben, der sich über Langeweile und Eintönigkeit beklagt. Doch viele, die sich keinen aufregenderen und schöneren Beruf vorstellen können.