Berufsreport Versicherungen
Wie so viele andere ist auch die Versicherungsbranche im Umbruch. Auf Berufseinsteiger warten deshalb viele spannende Aufgaben.
Die gesetzliche Rente ist zwar sicher, dürfte bei vielen künftigen Rentnern aber nicht ausreichen, um den gewohnten Lebensstandard auch nur annähernd zu halten. Viele Arbeitnehmer sorgen deshalb — nicht anders als Unternehmer und Freiberufler — zusätzlich privat vor. Ein besonders beliebtes Vorsorgeinstrument ist die Lebensversicherung: Fast 90 Millionen Lebensversicherungsverträge haben die Deutschen abgeschlossen, durchschnittlich kommt also mehr als eine Lebensversicherung auf jeden Bürger.
Dass in den vergangenen Jahrzehnten so viele Policen verkauft wurden, ist für die Versicherungsbranche heute ein Fluch. Denn die Laufzeiten der Verträge sind sehr lang, und in der Vergangenheit wurden den Versicherungsnehmern vergleichsweise hohe Renditen versprochen. Doch seit die Zinsen im Keller sind, wird es für die Versicherungen immer schwieriger, sie zu erwirtschaften. Alte Lebensversicherungsverträge sind für die Branche deshalb zur Belastung geworden.
Hannover Rück
Auch 2017 hatten die Gutachter der Versicherungsbranche wieder gut zu tun: Stürme, Überschwemmungen und Erdbeben verursachten weltweit Schäden von 330 Mrd. Dollar. Davon waren 135 Mrd. Dollar durch Versicherungen abgedeckt. Weil solche Summen von einer einzelnen Versicherung kaum zu schultern sind, gibt es Rückversicherungen. Als Spezialisten für Großrisiken sorgen sie dafür, dass die Last auf möglichst viele Schultern verteilt wird.
Eine der größten sitzt in Hannover: Die Hannover Rück bietet Erstversicherern maßgeschneiderte Lösungen im Schaden- und Personen-Rückversicherungsgeschäft. Ihre Niederlassungen findet man auf allen fünf Kontinenten. Für das vor über 50 Jahren gegründete Unternehmen arbeiten rund 3.300 Mitarbeiter in 16 Ländern, darunter auch ausgesprochene Risikospezialisten wie der Underwriter.
Für sie — und für andere anspruchsvolle Tätigkeiten im Unternehmen — hat die Hannover Rück ein Traineeprogramm aufgelegt, bei dem man das Rückversicherungsgeschäft in 18 Monaten von der Pike auf kennenlernt. Die Teilnehmer durchlaufen verschiedene Stationen wie Finance & Accounting, wo sie drei bis vier Monate verbringen und sich so einen guten Überblick über das Unternehmen verschaffen. Ein dreimonatiger Auslandsaufenthalt ist ebenfalls fest eingeplant.
Man kann auch direkt bei der Hannover Rück einsteigen. Dann wird man mithilfe eines detaillierten Einarbeitungsplans fit gemacht. Als Einstiegsbereiche kommen unter anderem die Vertragsrückversicherung und Finance & Accounting mit Abteilungen wie Corporate Accounting und Technical Accounting and Claims Department in Betracht.
So mancher Anbieter würde sie gern loswerden, was jedoch gar nicht so einfach ist. Als die Ergo, eine Tochter von Munich Re, vor einigen Monaten ankündigte, ihre Altlasten zum Verkauf anzubieten, brach bei den Kunden ein Sturm der Entrüstung aus. Ergo beerdigte daraufhin den Plan, um ihren Ruf als zuverlässiger Versicherer und Partner der Kunden nicht zu gefährden. Anders der italienische Versicherer Generali: Hier scheint der Verkauf der alten Lebensversicherungsverträge offenbar kurz bevorzustehen.
An dem einst so beliebten Produkt Lebensversicherung zeigt sich, in welchem Dilemma die Branche steckt: Auch in Niedrigzinszeiten müssen die Versicherer die Gelder ihrer Kunden gut anlegen, wobei sie aber kaum Risiken eingehen dürfen. Der größte Teil der Kundengelder muss in festverzinsliche Papiere investiert werden, der Aktienanteil darf maximal 35 Prozent betragen. Verschärfend kommen die EU-Eigenkapitalregeln Solvency II hinzu, die hohe Eigenmittel zur Risikounterlegung fordern. Bei neuen Lebensversicherungsverträgen haben die Anbieter die Garantieverzinsung deshalb drastisch gekürzt, worunter die Attraktivität des Produkts leidet. Damit ist die Lebensversicherung als die beliebteste Altersvorsorge der Deutschen gefährdet.
Niedrige Zinsen und immer strengere Regulierungen sind nicht die einzigen Herausforderungen, denen sich die Versicherungen stellen müssen. Zu den Topthemen gehört auch hier die Digitalisierung, die für die Branche den wahrscheinlich größten Umbruch seit Einführung der Direktversicherung bedeutet.
Obwohl sie eher als konservativ gilt, ist die Versicherungsbranche bei der Digitalisierung der Geschäftsprozesse vorn mit dabei. Ihr bleibt auch keine andere Wahl. Denn Start-ups, die sich auf Insurance Technology spezialisieren, also Insurtechs, machen den eingesessenen Versicherungen immer mehr Konkurrenz. Da sie intensiv von der Informationstechnologie Gebrauch machen, haben sie eine ganz andere Kostenstruktur als die herkömmlichen Versicherungsunternehmen.
Das 2016 gegründete amerikanische Start-up Lemonade etwa, das sich auf Versicherungsangebote für Hausbesitzer und Mieter konzentriert, setzt beim Vertragsabschluss, bei der Kundenbetreuung und bei der Schadensabwicklung künstliche Intelligenz in Form von Chatbots sowie Machine Learning ein. Auf diese Weise schafft es das junge Unternehmen — das im Grunde mehr IT-Firma als Versicherung ist —, einen Schadensfall in wenigen Sekunden abzuwickeln, die Überweisung des Geldes an den Kunden inbegriffen.
Andere wie die deutsche Insurtech-Firma Flypper, die noch dieses Jahr mit Sach- und Unfallversicherungen an den Start geht, setzen auf ein Hybridmodell: Um kostengünstig zu sein, wird so viel wie möglich digital abgewickelt, die Kunden können sich jedoch auch von Mitarbeitern betreuen und beraten lassen. Damit will man sich zwischen den klassischen Versicherungen und rein digitalen Anbietern positionieren.
Insurtechs beherrschen auch die Auswertung großer Datenmengen, womit sie individuelle, maßgeschneiderte Versicherungen anbieten können. Ein Beispiel sind Mobility-Versicherungen: Autofahrer zahlen nur für die gefahrenen Kilometer oder die Zeit, die sie tatsächlich hinter dem Lenkrad verbracht haben, eine Versicherungsprämie.
HDI
Talanx ist einer der größten Versicherungskonzerne in Europa. Bei der Tochter HDI Global SE werden vor allem große Industrieunternehmen versichert. Jelto Borgmann arbeitet hier seit zwei Jahren als Spezialist für Captives. In seinem Job sind jedoch auch Allrounder-Qualitäten gefragt.
Sie arbeiten in der Abteilung Captive Services. Was muss man sich darunter vorstellen?
Borgmann: Als „Captives“ bezeichnet man Versicherungen, deren Muttergesellschaft kein Versicherungsunternehmen ist. Meist sind es Tochterfirmen großer Konzerne, die damit ihre Risikosteuerung und ihr Kapitalmanagement optimieren. Sie haben oft nur eine Rückversicherungslizenz, weshalb sie einen Erstversicherer benötigen, der das Risiko vorzeichnet — „frontet“, wie man bei uns sagt.
Was geschieht, wenn ein solches Unternehmen auf Sie zukommt?
Borgmann: Wir sehen uns die betreffende Captive und den dahinter stehenden Konzern genau an und entscheiden dann, ob das Geschäft zustande kommt oder nicht. Dabei geht es oft um hohe Summen. Man muss Geschäftsberichte, Bilanzen und Verträge „lesen“ können, auch wenn sie auf Englisch oder Französisch abgefasst sind.
Dazu gehört sicher auch viel juristisches Know-how.
Borgmann: Der ideale Mitarbeiter in unserer Abteilung ist eine Mischung aus Betriebswirt, Jurist und Mathematiker und beherrscht vier Fremdsprachen, da das Rückversicherungsgeschäft sehr international ist. Da Sie so jemanden kaum finden, arbeiten bei HDI viele unterschiedliche Talente, die sich ergänzen. Manchmal ist ein Thema allerdings so speziell, dass man sich selber reinknien muss. Was ich persönlich sehr schätze, weil man sich dadurch mit der Zeit zum Allrounder entwickelt.
Sie haben Mathematik mit Schwerpunkt BWL studiert.
Borgmann: Mathematik ist stets eine gute Grundlage, wenn man bei einer Versicherung arbeitet. Ich wollte al-lerdings immer einen Job mit Kundenkontakt, bunt gemischten Teams und der Möglichkeit, etwas von der Welt zu sehen.
Wie kamen Sie mit dem Unternehmen in Kontakt?
Borgmann: Durch ein Stipendium, das die Talanx-Stiftung — Talanx ist der Mutterkonzern von HDI — an Studenten in versicherungsnahen Fachbereichen ausgewählter Hochschulen vergibt. Voraussetzung sind sehr gute Studienleistungen und dass man von Professoren des Fachbereichs vorgeschlagen wird.
Hatten Sie es dadurch bei der Bewerbung leichter?
Borgmann: Ja, allerdings nur insofern, als ich wusste, in welchem Bereich ich arbeiten wollte. Außerdem gaben mir die Veranstaltungen, an denen ich im Rahmen des Stipendiums teilnahm, ein Gefühl für das Unternehmen. Weitere Möglichkeiten, HDI kennenzulernen, sind Praktika, studentische Aushilfstätigkeiten oder ein Traineeprogramm. Mit Letzterem werden bei HDI angehende Underwriter ausgebildet.
Sie sprachen von Ihrer Neugier auf fremde Länder. Wird sie durch Ihre Tätigkeit gestillt?
Borgmann: Etwa die Hälfte des Geschäfts machen wir mit internationalen Kunden. Da bleiben Reisen, vor allem innerhalb Europas, nicht aus. Ich kann mir außerdem sehr gut vorstellen, für ein halbes Jahr ins Ausland zu gehen. Auch diese Möglichkeit gibt es bei HDI.
Manche jungen Unternehmen verstehen sich als Dienstleister für die etablierten Versicherer oder für Versicherungsmakler. Ihnen bieten sie etwa Insurance-as-a-Service oder ein komplettes digitales Backoffice an, das verschiedene Aufgaben automatisiert, die bislang von Menschen erledigt wurden. Auch Apps zur Kundenbetreuung und für die automatische Vertragsanpassung werden von ihnen entwickelt.
Die etablierten Unternehmen überlassen den Insurtechs das Feld natürlich nicht kampflos. Schon seit Jahren investieren sie massiv in ihre IT und in die Digitalisierung. Der Personalbedarf ist entsprechend hoch: Kaum ein großer Versicherer, der nicht ständig zahlreiche IT-Fachleute sucht und IT-Traineeprogramme für Hochschulabsolventen anbietet.
Um Nachwuchskräfte für eine IT-Karriere in der Versicherungswirtschaft zu begeistern, hat die Talanx-Gruppe Ende April sogar einen dreitägigen Hackathon veranstaltet. Bei „Hack{IT}Over“ hatten 120 Studenten und Absolventen die Gelegenheit, ihre Qualitäten bei drei Coding-Challenges unter Beweis zu stellen. In Teams entwickelten sie App-Prototypen zu den drei Themenkomplexen „Mobilität“, „Spracherkennung“ und „Arbeitswelt der Zukunft“.
Das bedeutet allerdings nicht, dass bei Versicherungen nur App-Entwickler und andere ITler gesucht werden. Im Gegenteil: Da es ganz unterschiedliche Versicherungsunternehmen, -produkte, Unternehmensbereiche und Aufgaben gibt, arbeiten bei ihnen auch zahlreiche Fachleute, die keinen IT-Hintergrund haben.
Ein typischer Versicherungsberuf ist der des Aktuars: Er sorgt mit seinen Berechnungen dafür, dass Risiken überschaubar bleiben und im Versicherungsfall keine Seite „den Schaden hat“. Dabei helfen ihm seine versicherungs- und finanzmathematischen Kenntnisse. Auch bei der Entwicklung von Versicherungsprodukten und beim Risikomanagement ist er gefragt. Die Aktuar-Ausbildung wird von der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) geregelt. An der Universität Ulm kann man sogar Aktuarwissenschaften studieren.
Oder der Underwriter. Sein etwas ungewöhnlicher Name rührt daher, dass Underwriter einst mit ihrer Unterschrift für die Übernahme eines speziellen Risikos wie den Verlust einer Schiffsladung bürgten. Auch heute haben sie es oft mit besonderen Ri-siken zu tun wie tropischen Wirbelstürmen oder neuen Medikamenten, bei denen im Schadensfall hohe Versicherungssummen fällig werden können. Daneben werden auch ganze Risikogruppen von ihnen versichert. Da Underwriter selbständig entscheiden, ob ein Vertrag zustande kommt oder nicht, tragen sie hohe Verantwortung und müssen entsprechend geschult werden — etwa durch spezielle Traineeprogramme, bei denen man meist auch einige Monate in einer Auslandsniederlassung des Unternehmens verbringt.
Auch der Claims Manager ist ein typischer Versicherungsberuf. Er tritt immer dann in Aktion, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sprich ein Schadensfall vorliegt und Ersatzansprüche geltend gemacht werden. Claims Manager schätzen die Schadenshöhe und prüfen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Dabei arbeiten sie eng mit Experten wie dem Underwriter zusammen. Da man für diesen Beruf technisches und rechtliches Wissen benötigt, wird er auch von Ingenieuren und Juristen ausgeübt.
Ein besonderes Geschäft ist das der Rückversicherer. Sie sind sozusagen die Versicherung der Versicherungen. Werden Risiken für eine Erstversicherung zu groß oder binden sie zu viel ihres Kapitals, wendet sie sich an eine Rückversicherung wie Hannover Rück oder Munich Re, die einen Teil des Risikos gegen Zahlung einer Prämie übernimmt. Das machen beispielsweise Versicherungen, die Endkunden gegen Unwetter wie Sturm oder Hagelschlag versichern. Diese Schäden können insgesamt so groß werden, dass eine einzelne Versicherung überfordert wäre. Um dieses Risiko abzufedern, wird eine Rückversicherung eingeschaltet. Bei diesen Unternehmen werden insbesondere auch Fachleute benötigt, die Risiken einschätzen können, um das passende „Pricing“ für das zu versichernde Risiko zu finden.
Der Rückversicherungsmarkt ist ungewöhnlich, da es nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Anbietern gibt. Die fünf größten Rückversicherer beherrschen mehr als zwei Drittel des weltweiten Markts, der Rest entfällt auf mehrere kleine Unternehmen. Die drei größten Anbieter sind Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück. Nur selten wagt sich ein neuer Wettbewerber auf den Markt. Zuletzt vor einigen Jahren, als der Rückversicherer Peak Re das Geschäft in der einstigen Kronkolonie Hongkong aufnahm. Die Standortwahl war wohl überlegt, gilt doch die Region Asien-Pazifik als Wachstumsmarkt für Versicherungen. Schließlich sind dort nur rund 20 Prozent aller ökonomischen Werte versichert, gegenüber 50 Prozent in Europa und 70 Prozent in den USA. Interessant ist auch, dass die Holding der amerikanischen Investor-Legende Warren Buffett im Rückversicherungsgeschäft tätig ist und sogar zu den größeren Anbietern der Branche zählt.
Nicht ohne Grund sagt man der Versicherungsbranche nach, 100 Berufe unter einem Dach zu vereinen. So sind Versicherungen auch ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern für Rechnungswesen, Controlling oder Marketing. Auch in Human Resources und im Inhouse Consulting sind immer wieder Stellen frei. Sie werden nicht immer mit Wirtschaftswissenschaftlern besetzt. Dort, wo es in hohem Maße auf die analytischen Fähigkeiten ankommt — wie etwa im Risikomanagement und bei der Produktentwicklung — findet man auch viele Mathematiker, vor allem mit der Spezialisierung Versicherungsmathematik, sowie Ingenieure und Naturwissenschaftler.
AXA
Schon jetzt zählt AXA mit Einnahmen von knapp 100 Mrd. Euro, 107 Millionen Kunden und 165.000 Mitarbeitern und Vermittlern zu den größten Versicherungen der Welt. Doch der Konzern, dessen Zentrale sich in Paris befindet, gibt sich damit noch lange nicht zufrieden. So wurde im März die XL Group übernommen — ein auf komplexe Schadensfälle spezialisierter Versicherer. Dadurch steigt AXA zum größten Industrieversicherer der Welt auf.
Wer solche spannenden Veränderungen aus nächster Nähe erleben möchte, kann sich bei AXA Deutschland für die Position eines Vorstandsassistenten bewerben. Man ist zwei Jahre lang die rechte Hand eines Vorstandsmitglieds, arbeitet im operativen Tagesgeschäft und bei bedeutenden Projekten mit und wird intensiv gefördert — die perfekte Vorbereitung für eine steile Karriere im Weltkonzern.
Wer sein Studium gerade erst abgeschlossen hat, ist im Graduate Program von AXA gut aufgehoben. Auch hier profitiert man von einer umfassenden Förderung inklusive persönlichem Mentor und konzernweitem Networking. Während der 18- bis 24-monatigen Ausbildung lernen die Trainees ihren Schwerpunktbereich — etwa Finanzen — ausgiebig kennen und werden auf ihre spätere Tätigkeit — beispielsweise als Controller — gezielt vorbereitet.
Auch Studenten können mit AXA auf Tuchfühlung gehen: durch ein drei- bis sechsmonatiges Praktikum, das der Konzern in Bereichen wie Marketing/Vertrieb und IT/Big Data anbietet. Wer besonders gute Leistungen zeigt, wird ins Stipendiatenprogramm von AXA aufgenommen. Man arbeitet dann weiterhin im Unternehmen mit und wird im Gegenzug für den Berufseinstieg fit gemacht.
Ein beliebter Berufseinstieg ist auch der Vertrieb. Das liegt daran, dass er — wie in anderen Branchen — von entscheidender Bedeutung ist. Versicherungsprodukte verkaufen sich nicht von allein. Viele sind in hohem Maße individuell und entsprechend erklärungsbedürftig. Dabei spielt zudem das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Versicherung eine besondere Rolle. Denn wer setzt bei der Altersvorsorge schon auf ein Unternehmen, bei dem er nicht sicher ist, ob es — wenn er sich eines Tages zur Ruhe setzt — überhaupt noch existiert? Interessanterweise setzt manche Insurtech-Firma — wie das erwähnte Start-up Flypper — ebenfalls auf Kundenberatung und -betreuung durch Mitarbeiter. Offenbar sind sie nach wie vor besser als jeder Algorithmus dazu geeignet, Vertrauen aufzubauen.
Weil viele Finanz- und Vorsorgeprodukte sehr komplex sind, wird das Vertriebsteam — gleichgültig ob Trainee, angestellter Mitarbeiter im Außendienst oder selbständiger Handelsvertreter — meist intensiv geschult. Finanz- und Versicherungswissen steht dabei ebenso auf dem Lehrplan wie Beziehungsmanagement, Präsentationstechniken und Rhetorik. Wer an einem Trainee- oder ähnlichen Einstiegsprogramm teilnimmt, hat das Ticket für eine Vertriebskarriere praktisch schon in der Tasche. Generell gilt, dass Vertriebler in der Assekuranz gute Karten haben: Oft gelangen sie bis nach ganz oben in die Chefetage. Bei manchen Versicherungen ist eine Vertriebskarriere sogar die Grundvoraussetzung für eine Position im Vorstand.
Für die meisten Versicherungsjobs — nicht nur im Vertrieb — gilt: Gute Chancen haben Bewerber, die neben den nötigen kommunikativen Fähigkeiten auch analytisches Denken mitbringen und gut mit Zahlen umgehen können. Wer dies mit Studienschwerpunkten wie Versicherungsbetriebslehre, Risk Management oder Finanz- bzw. Versicherungsmathematik verbindet, ist gegenüber anderen Bewerbern oft im Vorteil. Durch anspruchsvolle Praktika lässt sich aber oft einiges wettmachen. In den meisten Versicherungsunternehmen, vor allem in den großen Konzernen, kann man in nahezu allen Unternehmensbereichen — auch im Inhouse Consulting oder in der Vermögensverwaltung, dem Asset Management — welche absolvieren.
Das zeigt: In der Versicherungswirtschaft lassen sich die unterschiedlichsten Berufswünsche erfüllen. Bei den tausenden Jobs und Praktika, die hier jedes Jahr vergeben werden, ist also für fast jeden etwas dabei. Und die weiteren Aussichten der Branche sind blendend. So schätzt die Allianz, dass die weltweiten Beitragseinnahmen aus Lebens- und Sachversicherungen im kommenden Jahrzehnt um sechs Prozent jährlich zulegen werden.