Berufsreport Wirtschaftsprüfung

Exklusiv und renommiert

Wirtschaftsprüfer üben sehr verantwortungsvolle Tätigkeiten aus.
Sie sind gefragt, unentbehrlich und verdienen überdurchschnittlich gut.

Wirtschaftsprüfer — was machen die eigentlich? Die Wirtschaft prüfen? Wie geht denn das? Fragen, die sich mancher stellt, der nichts mit diesem Berufszweig zu tun hat. Wer jedoch BWL studiert, wird es meist — zumindest ungefähr — wissen: Wirtschaftsprüfer nehmen die Abschlüsse von Unternehmen unter die Lupe. Wenn alles in Ordnung ist, also den gesetzlichen Vorschriften entspricht, bestätigen sie es mit ihrem Testat.

Wesentlich detaillierter wird es in § 2 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) beschrieben: „Wirtschaftsprüfer haben die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere die von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen.“ Und weiter: „Wirtschaftsprüfer sind befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften zu beraten und zu vertreten. Wirtschaftsprüfer sind weiter befugt, unter Berufung auf ihren Berufseid auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung als Sachverständige aufzutreten, in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und fremde Interessen zu wahren, sowie zur treuhänderischen Verwaltung.“

Das klingt nach einigem mehr, als man anfangs gedacht haben mag. In der Tat ist es ein beachtliches Tätigkeitsfeld, das sich da auftut. Denn die Prüfung von Jahresabschlüssen ist offenbar nur ein Teil der Arbeit des Wirtschaftsprüfers. Hinzu können Revisionen, Wirtschaftlichkeits- und Kreditwürdigkeitsprüfungen kommen, zudem Funktionsprüfungen, etwa beim Risikomanagement oder bei internen Kontrollsystemen, die Bewertung von Unternehmen sowie die steuerliche, juristische und sogar betriebswirtschaftliche Beratung, die verschiedenste Themen umfassen kann. Außerdem kann der Wirtschaftsprüfer als treuhänderischer Vermögensverwalter fungieren und wird bei strittigen Fällen von Gerichten oder den Parteien als Gutachter hinzugezogen.

Diese beeindruckende Palette an Tätigkeiten spiegelt sich auch in den Leistungsangeboten der großen WP-Gesellschaften, insbesondere der „Big Four“ Deloitte, EY, KPMG und PwC, aber auch vieler großer mittelständischer Gesellschaften wider. Wobei oft noch Experten aus vielen anderen Bereichen eingesetzt werden, was vom Informatiker bis zum Finanzfachmann und zum Juristen reichen kann.

Gerade weil der Wirtschaftsprüferberuf und die damit verbundenen Tätigkeiten nicht so bekannt sind wie andere Berufe, die nach dem Studium in Betracht kommen, sollte man sich gut über ihn informieren, bevor man entscheidet, ob er das Richtige für einen ist. Eine Reihe von Studenten und Absolventen beantwortet diese Frage jedes Jahr mit „ja“. Ungefähr 80 Prozent von ihnen studieren oder studierten BWL, oft mit Schwerpunkten wie Rechnungswesen, Wirtschaftsprüfung, Controlling, Finanzen oder Steuern. Ungefähr fünf Prozent sind Volkswirte und weitere fünf Prozent Juristen. Weil die WPO, das Regelwerk dieses Berufsstands, kein bestimmtes Studienfach vorschreibt, können auch Absolventen anderer Fächer, etwa Informatiker, Historiker oder Philologen, die Zulassung zum WP-Examen beantragen — vorausgesetzt, die anderen Kriterien sind erfüllt.

Grant Thornton

Ein Beruf mit großer Zukunft

In Deutschland sind rund 1.900 Mitarbeitende für die internationale Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Grant Thornton tätig. Sie gehört zu den zehn größten hierzulande. Julia Guse und Annemarie Hofmann sind Assistants im Bereich Audit & Assurance am Standort Frankfurt am Main.

Julia Guse und Annemarie Hofmann

Frau Guse, Sie dachten zu Beginn Ihres Studiums zunächst an einen anderen Berufsweg.

Guse: Ja, ich absolvierte ein duales BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Konsumgüterhandel. Bis ich mein Interesse für Steuern entdeckte, was auch dem interessanten Unterricht eines Professors zu verdanken war. Beim Masterstudium entschied ich mich dann für einen Studiengang, der Tax und Consulting kombinierte.

Dabei blieb es dann aber nicht.

Guse: Nach dem Master zog es mich dann in die Wirtschaftsprüfung.

Bedauern Sie, nicht früher auf dieses Gebiet zugesteuert zu haben?

Guse: Auf keinen Fall. Durch mein Bachelor- und Masterstudium habe ich vieles kennengelernt, was mir heute bei meiner beruflichen Tätigkeit sehr nützt. Denn auch jetzt habe ich mit verschiedenen Branchen zu tun.

Frau Hofmann, bei Ihnen war der Weg in die Wirtschaftsprüfung etwas direkter.

Hofmann: Ja. Obwohl ich nicht gleich mit der Berufsvorstellung Wirtschaftsprüfung ins BWL-Bachelorstudium gestartet bin. Auch bei mir hatte die Vorlesung eines Professors einen großen Anteil daran, dass ich mich dann auf Wirtschaftsprüfung konzentrierte. Zudem habe ich mich noch intensiv mit dem Bereich Financial Services befasst. Und außerdem ein Semester in Troyes in Frankreich verbracht.

Mit der Absicht, später einmal in dem Land zu leben und zu arbeiten?

Hofmann: Für eine gewisse Zeit kann ich mir das gut vorstellen. Vielleicht wird ja noch was draus.

Wirtschaftsprüfung und Finance zeigen, dass Ihnen der Umgang mit Zahlen Spaß macht.

Hofmann: Auf jeden Fall. Zahlenaffin zu sein nützt natürlich, wenn man in der Wirtschaftsprüfung arbeiten will. Ohne dass man gleich ein Mathegenie sein muss.

Inwieweit spielt Finance heute bei Ihrer Tätigkeit eine Rolle?

Hofmann: Als Prüfungsassistentin bin ich im Bereich Financial Services tätig. Ich unterstütze also unter anderem die Prüfung von Banken und Finanzdienstleistern. Da kommt mir mein Studium sehr zugute.

Wo liegt Ihr Tätigkeitsbereich als Prüfungsassistentin, Frau Guse?

Guse: Ich bin bei der Prüfung von Industrieunternehmen mit dabei.

Man sagt ja, kaum jemand habe so tiefe Einblicke in die Wirtschaft und in Branchen wie Wirtschaftsprüfer. Ist das auch Ihr Eindruck?

Guse: Das kann ich nur bestätigen. Was für mich auch einen großen Teil des Reizes dieses Berufs ausmacht.

Hofmann: Hinzu kommt, dass jedes Unternehmen, das man prüft, anders ist. Es gibt immer Neues, es wird also nie eintönig und langweilig.

Guse: Und nicht zu vergessen: Man kommt dabei mit vielen interessanten Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen zusammen, was mir persönlich sehr gut gefällt.

Frau Hofmann, wann und wie planen Sie, das Wirtschaftsprüferexamen abzulegen?

Hofmann: Ich bin noch nicht ganz sicher. Eine attraktive Möglichkeit ist ein Studiengang nach § 8a Wirtschaftsprüferordnung. Da ist das WP-Examen mit einem Masterstudium verbindbar.

Wie sieht es damit bei Ihnen aus, Frau Guse?

Guse: Ich lasse das noch offen. Denn auch ohne den Berufstitel Wirtschaftsprüfer ergibt sich ein sehr breites Tätigkeitsfeld. Auch weil immer mehr Unternehmen in den Bereichen ESG, also Environmental, Social und Governance, Berichtspflichten unterliegen, womit sehr viel Beratungsarbeit auf die Prüfungsgesellschaften zukommt. Wofür wiederum viele Expertinnen und Experten benötigt werden.

Die Arbeit geht also nicht aus.

Guse: Im Gegenteil, sie wird immer mehr. Was zeigt, dass das ein Beruf mit großer Zukunft ist.

Was sich vielleicht noch nicht bei allen Studierenden herumgesprochen hat.

Guse: Wir sind auf vielen Job- und Karrieremessen präsent. Bei diesen Gelegenheiten erklären wir den interessierten Studierenden, was Wirtschaftsprüfung heutzutage bedeutet und welche Tätigkeiten damit verbunden sind. Das stößt auf großes Interesse, weil sich damit zugleich ein neues, sehr modernes Bild der Wirtschaftsprüfung ergibt.

Dennoch ist es ja anfangs ein eher abstrakter Beruf, unter dem sich nicht viele etwas vorstellen können.

Guse: Deshalb empfehlen sich ein oder zwei Praktika während des Studiums. Da lernt man schnell die praktische Seite dieses Berufs kennen. Bei uns wird man beispielsweise bereits sehr früh in die Prüfungsarbeit eingebunden. Oft ist man schon nach einer Woche aktiv in Prüfungen involviert.

Wird der Berufsweg von jungen Leuten nicht auch als langwierig und mühsam empfunden? Man denke nur an das schwierige WP-Examen.

Hofmann: Da hat sich durch die Modularisierung der Prüfung viel getan. Sie erlaubt es, den Zeitplan der Prüfungen an seine individuellen Bedürfnisse anzupassen, was eine enorme Erleichterung ist.

Manche machen zuvor das Steuerberaterexamen, um sich im WP-Examen den Steuerteil zu ersparen.

Hofmann: Das hat sich durch die Modularisierung weitgehend erübrigt. Weshalb dieser Weg immer seltener eingeschlagen wird.

Mit der Corona-Pandemie, als persönliche Kontakte soweit wie möglich reduziert wurden, kam auch das Homeoffice auf. Wird immer noch viel zu Hause gearbeitet?

Hofmann: Das war bei uns dank der Digitalisierung schon früher möglich. Die Pandemie hat es dann verstärkt. Heute sind wir meist etwa zwei Tage im Büro, was eine gute Lösung ist, auch für die persönlichen Kontakte.

Welche Soft Skills sollte man mitbringen, wenn man sich für diesen Beruf interessiert?

Guse: Wichtig sind vor allem, offen für Neues zu sein, strukturiertes und analytisches Arbeiten, gutes Selbstmanagement, Kontaktfreudigkeit und Kommunikationsfähigkeit.

Was macht es aus, bei Grant Thornton zu arbeiten?

Hofmann: Da fällt mir gleich die große Kollegialität ein. Man findet überall Kolleginnen und Kollegen, die einen unterstützen und einem weiterhelfen.

Ist auch für Weiterbildung gesorgt?

Guse: Sehr sogar. Es gibt ein gutes Einarbeitungskonzept. Dann ist da die Audit Academy. Sie bietet zahllose Themen und wird höchsten Ansprüchen gerecht. Auch die Berufsexamen in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung werden zeitlich und finanziell gefördert.

Die meisten, die sich als Prüfungsassistent bei einer WP-Gesellschaft bewerben — es ist gewissermaßen die Lehrzeit —, haben zuvor ein Praktikum bei dieser oder einer anderen Gesellschaft absolviert. Denn es gibt keinen besseren Weg herauszufinden, was es mit diesem Beruf auf sich hat. Was macht ein Wirtschaftsprüfer eigentlich genau? Wie sieht sein Tagesablauf aus? Und vor allem: Wie wird man überhaupt WP?

Eins lässt sich gleich sagen: Es ist ein sehr exklusiver Beruf. Wirtschaftsprüfer trifft man nicht alle Tage. Kein Wunder, gibt es in Deutschland doch nur 12.000 von ihnen. Im Vergleich zu den Steuerberatern, die es zum 1.1.2020 auf rund 88.000 brachten, oder zu den 166.000 Anwälten ist es in der Tat eine geringe Zahl. Und während die Zahl der Steuerberater und Anwälte in der Regel steigt, geht sie bei den Wirtschaftsprüfern tendenziell eher zurück oder stagniert. Nicht etwa weil ihnen die Arbeit ausgeht. Ganz im Gegenteil wird sie angesichts der immer komplexeren Wirtschaft immer größer.

Auch in Krisenzeiten wie jetzt haben Wirtschaftsprüfer meist nicht weniger zu tun, oft sogar mehr. Es hängt ganz von der Art der Krise ab. Welches Unheil Corona in der Wirtschaft letztlich anrichten wird, ist derzeit noch nicht klar. Abzusehen ist jedoch bereits, dass es zu Restrukturierungen, Übernahmen und Finanzierungen kommen wird, was Wirtschaftsprüfern meist zusätzliche Aufträge beschert. Etwa wenn es um Beratungen und die Bewertung von Unternehmen und ihren Zukunftsaussichten geht.

Wirtschaftsprüfer haben nicht nur einen exklusiven Beruf, sie genießen — ähnlich wie Notare und Richter — auch hohes Ansehen. Zudem umgibt sie die Aura des unbestechlichen und objektiven Aufpassers und Kontrolleurs, dessen unbestechlichen Augen nichts entgeht und dem keiner ein X für ein U vormachen kann. So wie man es von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Ärzten, Apothekern, Architekten und Notaren her kennt, unterliegen auch sie einem strengen Berufskodex. Und wie bei diesen anderen freien Berufen wird die Einhaltung der Standesregeln von Berufskammern, in diesem Fall von den Wirtschaftsprüferkammern, überwacht.

Baker Tilly

Wo Weiterbildung gefördert wird

Baker Tilly ist eine der zehn größten Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland. Außerdem ist man in 141 Ländern präsent. Nick Krey, Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vom Düsseldorfer Büro über seine Tätigkeit.

Nick Krey

War für Sie bereits zu Beginn des Studiums klar, dass Sie einmal Wirtschaftsprüfer werden wollten?

Krey: Nein, ich studierte zuerst Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und machte dort meinen Bachelor.

Wie kam es dann zum Richtungswechsel?

Krey: Durch die Werkstudententätigkeit bei einer Big-Four-Gesellschaft, bei der ich den Beruf des Wirtschaftsprüfers und seine praktische Seite kennenlernte, was mir sehr gut gefiel.

Das VWL-Studium war aber nicht umsonst.

Krey: Keineswegs. Ich habe dabei viel gelernt, was mir auch heute noch zugutekommt. Zumal das Studium sehr quantitativ angelegt war. Damit entsprach es meiner Affinität zu Zahlen, die auch beim Beruf des Wirtschaftsprüfers eine Rolle spielen.

Wo machten Sie den Master?

Krey: An der Frankfurt School of Finance and Management, die einen berufsbegleitenden Master in Auditing anbietet. Das Studium und die Arbeit bei einer WP-Gesellschaft wechseln sich dabei ab. Eine ideale Kombination aus Theorie und Praxis.

Wie kommt es, dass Sie auch Steuerberater sind?

Krey: Sechs Wochen nach dem WP-Examen ergab sich die Möglichkeit, das Steuerberaterexamen abzulegen, bei dem einige Inhalte dem WP-Examen ähnlich sind. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Während viele zuerst das Steuerberaterexamen ablegen, um dann ins WP-Examen zu gehen, weil bei ihm einige Teile des Steuerberaterexamens anerkannt werden.

Krey: Stimmt. Bei mir lief es genau umgekehrt.

War das nicht viel Prüfungsstress auf einmal?

Krey: Einerseits ja, andererseits sollte man nicht zu viel Respekt vor den Prüfungen haben. Sie sind machbar.

Dann benötigten Sie auch nicht die Modularisierung, die jetzt bei der WP-Prüfung möglich ist.

Krey: Nein, sie ist aber eine gute Sache. Hätte ich anders studiert, hätte ich sie sicher wahrgenommen.

Als was arbeiten Sie heute?

Krey: Als Wirtschaftsprüfer, was mir auch viel Freude macht. Insbesondere die operative Seite, also die Arbeit beim Mandanten.

Haben Sie sich bereits auf eine bestimmte Branche spezialisiert?

Krey: Auf Finanzdienstleister, also auf Banken, Factoringgesellschaften und dergleichen. Wir haben hier bei Baker Tilly ein breites Spektrum an mittelständischen Mandanten, was die Arbeit sehr abwechslungsreich macht.

Es wird bereits viel über künstliche Intelligenz gesprochen. Erleben Sie sie als Bedrohung für Ihren Berufsstand?

Krey: Sicher nicht, solange ich berufstätig sein werde.

Sie ist also kein Job-Killer?

Krey: Ich sehe sie als willkommenes Hilfsmittel bei repetitiven Aufgaben, das die Arbeit effizienter macht. Wichtige Entscheidungen müssen aber immer von Menschen getroffen werden.

Eröffnet sich nicht auch durch die Nachhaltigkeitsberichtserstattung ein weiteres interessantes Arbeitsfeld für Wirtschaftsprüfer?

Krey: Unbedingt, wofür auch immer mehr Experten benötigt werden.

Bieten Sie da Weiterbildungsmöglichkeiten an?

Krey: Nicht nur dort, auch auf anderen Gebieten. Sie finden an der Baker Tilly Academy statt, die die persönliche und berufliche Entwicklung unserer Mitarbeiter fördert, und die uns sehr am Herzen liegt.

Als Wirtschaftsprüfer muss man einen Berufseid leisten und unterliegt beruflichen Pflichten wie Eigenverantwortung, Gewissenhaftigkeit, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Unbefangenheit und Verschwiegenheit. Pflichten, wie man sie zum Teil auch von Notaren, Richtern und Beamten kennt.

Diese Kriterien sollten sich auch in der Persönlichkeit des Wirtschaftsprüfers widerspiegeln. So erwartet man sorgfältiges sowie korrektes Arbeiten und Verhalten von ihm. Gute Selbstorganisation, eigenständiges Denken sowie Stressresistenz gehören ebenfalls dazu. Nicht zuletzt auch „eine kritische Grundhaltung“, wie ein erfahrener Wirtschaftsprüfer es einmal formulierte. Alles Eigenschaften, die auch zum hohen Ansehen dieses Berufes beitragen.

Ebenso wie Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare und Ärzte betreiben auch WPs kein Gewerbe, sondern üben einen freien Beruf aus, der, wie in § 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes zu lesen ist, „auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt hat“.

Auch der Verdienst kann sich sehen lassen. Wer als Prüfungsassistent am Anfang seiner Laufbahn steht, kann zwischen 38.000 und 45.000 Euro erzielen. Wer ein Traineeprogramm absolviert, kann mit etwa 40.000 Euro rechnen. Bis zum WP-Examen kann das Gehalt auf etwa 60.000 Euro steigen, da man bis dahin noch einige beruflichen Zwischenstufen wie Senior und Manager erklimmen und sogar Prüfungsleiter werden kann. Zum Bestätigungsvermerk ist jedoch nur der Wirtschaftsprüfer befugt.

EY

Nach wie vor begeistert

Zu den Geschäftsbereichen von EY gehören nicht nur Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, sondern auch Turnaround & Restructuring. Deniz Dana ist seit über vier Jahren bei der Big-Four-Gesellschaft als Restrukturierungsberater tätig.

Deniz Dana

Wie kamen Sie darauf, in der Re­strukturierung zu arbeiten?

Dana: Durch den Vortrag eines Prakti­kers an meiner Hochschule. Das war ausgesprochen spannend und brach­te mich — auch wegen des Facetten­reichtums der Aufgaben — auf den Geschmack.

Was haben Sie studiert?

Dana: Im Bachelorstudium interna­tionales Finanzmanagement, im Mas­terstudium an der Bayes Business School in London, zu meiner Zeit hieß sie noch Cass Business School, war der Schwerpunkt dann neben Finance auch Banking. Hinzu kamen verschie­dene Praktika, bei denen es unter an­derem um M&A, also um Mergers & Acquisitions, ging.

Haben Sie gleich danach bei EY an­gefangen?

Dana: Zuerst habe ich bei einer mittel­ständischen Unternehmensberatung gearbeitet, bei der ich erste Einbli­cke und praktische Erfahrungen mit Restrukturierungen und den damit verbundenen Prozessen gewann. Das war zum Teil eine steile Lernkurve. Nach ungefähr zwei Jahren wechselte ich dann zu EY.

Wie sind hier Ihre bisherigen beruflichen Erfahrungen?

Dana: Sehr positiv. Die Arbeit an gro­ßen Projekten mit teilweise internatio­nal agierenden Unternehmen ist sehr interessant, und es ist immer wieder beeindruckend, wie viel Expertenwissen in den unterschiedlichen Abteilun­gen und Bereichen von EY vorhanden ist. Zudem wird einem ein Mentor zur Seite gestellt, den ich bei beruflichen Fragen stets um Rat fragen kann.

Muss man Steuerberater oder Wirt­schaftsprüfer sein, um Restruktu­rierungsexperte zu werden?

Dana: Beide Berufsabschlüsse wer­den bei den Big-Four-Gesellschaften generell zwar gern gesehen, für die Arbeit als Restrukturierungsberater sind sie jedoch nicht zwingend not­wendig. Man steigt auf der Ebene des Consultant ein und entwickelt sich dann fachlich weiter. Am Ende kann die Partnerschaft stehen.

Wie sieht die Anfangszeit aus?

Dana: Man unterstützt erfahrene Be­rater bei ihrer Arbeit, etwa indem man wirtschaftliche Analysen erstellt, bis man auch größere Teilprojekte selb­ständig bearbeiten kann.

Wie groß ist die Arbeitsbelastung?

Dana: Das hängt von den jeweiligen Projektphasen ab, bei denen es schon einmal stressig werden kann, denn es gibt natürlich immer wieder Dead­lines. Das Arbeitsmodell von EY er­möglicht es jedoch, Überstunden in ruhigeren Zeiten abzubauen.

Welche Rolle spielt die IT bei Ihrer Tätigkeit?

Dana: Die zunehmende Datenvielfalt und Komplexität in den Unternehmen erfordern innovative Lösungen im Be­reich Data Analytics. Hier findet eine besondere Ausbildung statt, beispiels­weise auch in interaktiver Visualisie­rung.
Hat sich die Pandemie auf die Ar­beitsweise bei Ihnen ausgewirkt?

Dana: Die Video-Meetings haben da­zu beigetragen, dass man bei der Ar­beit wesentlich flexibler geworden ist. Damit sind beispielsweise auch län­gere Auslandsaufenthalte möglich ge­worden.

Sie machen den Eindruck, als ob Sie genau den richtigen Beruf für sich gefunden haben.

Dana: So ist es auch. Meine Begeis­terung für ihn hat bis heute nicht nach­gelassen.

Hat man das Examen hinter sich und arbeitet als Senior Manager oder Director bei einer größeren WP-Gesellschaft, liegt das Jahreseinkommen bei ungefähr 72.000 bis 90.000 Euro. Wie generell in der Wirtschaft gilt auch hier: Große Unternehmen zahlen meist besser als kleinere. Später, wenn man möglicherweise Partner einer WP-Geselllschaft wird, klettert der Verdienst schnell in den sechsstelligen Bereich, möglicherweise bis auf 300.000 Euro und in Einzelfällen sogar höher.

Bevor es so weit ist, wartet jedoch eine lange Ausbildung auf den WP-Aspiranten. Sie wurde in den letzten Jahren durch einige neue Möglichkeiten ergänzt, was sie selbst fast zur kleinen Wissenschaft gemacht hat. Auch hier gilt es, sich gut zu informieren und gegebenenfalls ausführlichen Rat einzuholen, damit man den passenden Weg einschlägt.

Der klassische Weg sieht nach dem Studium eine mindestens drei Jahre lange Praxisphase vor. Davon zwei Jahre Prüfungstätigkeit, in der man als Prüfungsassistentin und Prüfungsassistent unter anderem an Abschlussprüfungen teilnimmt und Prüfungsberichte abfasst. Damit kommt nur ein Arbeitgeber in Betracht, der zu gesetzlichen Abschlussprüfungen befugt ist. Beträgt die Regelstudienzeit des zuvor absolvierten Studiums weniger als acht Semester, wie meist bei Bachelorstudiengängen, verlängert sich die Praxisphase auf vier Jahre.

Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man macht den sogenannten Voll-WP. In diesem Fall muss man im Examen insgesamt sieben Klausuren aus den vier Prüfungsgebieten (1) Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht, (2) angewandte BWL/VWL, (3) Wirtschaftsrecht und (4) Steuerrecht schreiben. Oder man wählt die klassische Zwei-Stufen-Lösung und legt zuvor die Steuerberaterprüfung ab, womit einem im WP-Examen das Steuerrecht und damit zwei Klausuren erspart bleiben.

Solidaris

Wertvolle Arbeit für die Gesellschaft

Solidaris ist eine führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Über 400 Beschäftigte betreuen von zehn Standorten aus über 2.200 Unternehmen. Hier erwartet einen wertvolle Arbeit, sagt Jens Thomsen, Sprecher der Geschäftsführung.

Jens Thomsen

Solidaris hat eine sehr lange Tradition.

Thomsen: Das ist richtig. Wir sehen auf eine über 90-jährige Geschichte zurück und bieten heute Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung sowie Unternehmens- und IT-Beratung.

Wobei Sie auf einem besonderen Gebiet tätig sind, wie bereits der Name erahnen lässt.

Thomsen: Unsere Mandanten stammen von jeher aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Unter anderem zählen Krankenhäuser, Caritas-Verbände, Seniorenheime, Jugendhilfeorganisationen und NGOs, aber auch viele andere dazu. Wir sind also bestens mit der Branche und ihren Besonderheiten vertraut.

Eine Branche, die aus gesellschaftlicher Sicht von ganz besonderer Bedeutung ist.

Thomsen: Sie macht einen wesentlichen Teil unseres Sozialstaates aus, der sich bewährt hat, und um den uns viele Länder beneiden. Damit ist für die Branche auch eine besondere Verantwortung verbunden, um die vielfältigen und wichtigen Aufgaben erfüllen zu können.

Bewerberinnen und Bewerber sollten also eine Affinität zum Gesundheits- und Sozialbereich haben?

Thomsen: Uns ist wichtig, dass sie sich mit sozialen Werten identifizieren. Denn in dieser Branche steht stets der Mensch im Mittelpunkt. Es werden nicht irgendwelche Produkte und Dienstleistungen verkauft. Es geht um den Dienst an Menschen, die sich meist in einer Situation befinden, in der sie auf Hilfe angewiesen sind. Dieser soziale Aspekt geht also weit über das gewöhnliche Wirtschaftsleben hinaus.

Wobei auch Krankenhäuser rechnen müssen und pleite gehen.

Thomsen: Das ist leider richtig. Wir erleben das bei unserer Arbeit hautnah mit. Man kann jedoch streiten, ob es nicht andere Wege geben sollte, als sie „pleite gehen“’ zu lassen. Immerhin geht es hier um Daseinsvorsorge, also um die optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten.

Wie es scheint, muss man den Nachwuchs ermuntern, den Beruf des Wirtschaftsprüfers zu ergreifen.

Thomsen: Was wir gerne tun. Es ist ein sehr verantwortungsvoller und zudem faszinierender Beruf, der tiefe Einblicke in die Wirtschaft ermöglicht. Die Arbeit als Wirtschaftsprüfer hat mir immer sehr viele Freude gemacht. Heute bin ich als Geschäftsführer zunehmend mit Managementaufgaben befasst, die die operative Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer in den Hintergrund treten lassen.

Andererseits wird heute viel getan, um den Beruf auch von der Ausbildung her attraktiv zu machen.

Thomsen: Das ist richtig und auch gut so. Denn die Maßnahmen haben der Prüfung den Schrecken genommen und zeigen auch Wirkung. Es beginnt damit, dass es spezielle Studiengänge an den Hochschulen gibt. Einige Leistungen, die man dort erbringt, werden beim WP-Examen angerechnet. Eine erhebliche Hilfe ist auch die Modularisierung beim Examen, womit man es über einen längeren Zeitraum strecken kann. Zudem unterstützen wir unsere jungen Kolleginnen und Kollegen beim Examen mit längeren Freistellungen und Kostenbeteiligungen.

Wie steigt man bei Ihnen ein?

Thomsen: Es gibt viele Möglichkeiten. Um uns kennenzulernen und Praxiserfahrung zu sammeln, bieten wir Praktika sowie Werkstudententätigkeiten an. Dann gibt es die Möglichkeit des dualen Studiums sowie den direkten Einstieg als Prüfungs- oder Steuerassistentin und Prüfungs- oder Steuerassistent.

Der zweite Weg wird trotz der zwei Examina — bei der Steuerberaterprüfung fallen im ersten Versuch auch etwa 50 Prozent der Kandidaten durch — bis heute von den meisten gewählt. Zum einen, um die Prüfungslast im WP-Examen zu reduzieren. Zum anderen kann man sich im Gegensatz zum ersten Weg danach Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer nennen. Um steuerberatend tätig zu werden, benötigt man den Steuerberater-Titel jedoch nicht. Denn als WP kann man später auch Steuerberatung betreiben, wie sich aus dem schon zitierten § 2 der WPO ergibt.

Seit letztem Jahr gibt es die Möglichkeit, die WP-Prüfung, deren schriftlicher Teil bislang als Blockprüfung an einem Stück erbracht werden musste, zeitlich zu entzerren. Damit ist nun eine individuellere Examensplanung möglich. Die einzelnen Prüfungsgebiete, insgesamt sind es bis zu vier, können über einen maximal sechsjährigen Zeitraum verteilt werden. Durch diese Modualisierung dürfte die WP-Prüfung erheblich an Schrecken verlieren und insbesondere für diejenigen machbarer werden, die bislang den Prüfungsstress scheuten.

Die lange Ausbildung und die nicht einfache Prüfung hatten bereits zuvor zu Überlegungen geführt, wie man die Ausbildung auflockern und facettenreicher gestalten kann. Mit der Bologna-Reform, die die Bachelor- und Masterstudiengänge mit sich brachte, kam dann einiges Neues.

Etwa der zweijährige Masterstudiengang, der auf die Erlangung des WP-Titels abzielt und nach § 8a WPO akkreditiert werden muss. Er setzt ein Bachelorstudium, bevorzugt in BWL, eine mindestens einjährige Berufspraxis — davon sechs Monate im Prüfungseinsatz — und das Bestehen einer Zugangsprüfung voraus. Das Studium ist sehr praxisorientiert. Hat man den Master in der Tasche, kann man sich gleich für das WP-Examen anmelden, wobei einem zwei der vier Prüfungsgebiete — angewandte BWL/VWL und Wirtschaftsrecht — erspart bleiben. Eine Übersicht über die akkreditierten Studiengänge findet man auf der Internetseite der Wirtschaftsprüferkammer und des Instituts der Wirtschaftsprüfer.

dhpg

Spezialist, Generalist, alle sind willkommen

Über 600 Beschäftigte sind an elf Standorten für dhpg tätig. Marko Müller ist einer der Senior Partner. Er ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und berät mittelständi­sche Unternehmen. Seine Tätigkeit als Generalist möchte er nicht missen.

Marko Müller

Sie sind Diplom-Kaufmann, haben also noch eine klassische BWL-Ausbildung durchlaufen. Heute sind Sie Steuerberater und Wirtschafts­prüfer. Wann entdeckten Sie Ihre Vorliebe für diese Berufe?

Müller: Ich bin etwas vorbelastet, da bereits mein Großvater und mein Vater Steuerberater waren. Der Beruf war mir also schon früh vertraut. An der Uni Gießen belegte ich dann im Haupt­studium, wie es damals hieß, die ent­sprechenden Fächer.

Sie haben vermutlich den üblichen Weg eingeschlagen, also zuerst das Steuerberater- und dann das Wirt­schaftsprüferexamen abgelegt.

Müller: Ja, zumal einem beim WP-Examen einige Leistungen aus dem Steuerberaterexamen angerechnet werden, was das WP-Examen erheb­lich erleichtert.

Einige streben erst einmal das Steu­erberaterexamen an, ohne gleich zu wissen, ob sie noch den Wirtschafts­prüfer draufsetzen werden.

Müller: Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man erst mal Erfahrungen in der Praxis sammeln möchte, um heraus­zufinden, was einem beruflich liegt.

Wofür schlägt Ihr Herz?

Müller: Ich übe beide Tätigkeiten aus. Mir macht beides viel Freude.

Ihre Mandanten sind in erster Linie mittelständische Unternehmen. Er­warten die nicht ohnehin Beratung aus einer Hand?

Müller: Ja, insbesondere eigentümer­geführte Unternehmen schätzen es, wenn ihnen ein kompetenter Ansprech-partner gegenübersitzt.

Was aber nicht bedeutet, dass Sie auf alle Fragen eine Antwort haben müssen.

Müller: Nein, das kann man bei der heutigen Komplexität der Materie auch gar nicht, denken Sie nur an das sich immer weiterentwickelnde Steuerrecht. Und es erwartet auch niemand von einem. Wir verfügen in unserer Ge­sellschaft jedoch über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit hoher Kompe­tenz auf allen Gebieten, die jederzeit das notwendige Know-how beisteu­ern. Auf diese Weise erhalten die Man­danten eine hochprofessionelle Be­ratung, die sie zu Recht erwarten.

Ist es nicht viel anregender, wie Sie generalistisch tätig zu sein, als sich jahrelang stets nur mit einem Spe­zialgebiet — sagen wir mal mit dem Umsatzsteuerrecht — zu beschäf­tigen?

Müller: Jeder muss für sich entschei­den, was reizvoller ist. Ein gefragter Ex­perte auf einem Spezialgebiet zu sein, kann auch sehr befriedigend sein. Uns sind beide sehr willkommen.

Kann man auch die Richtung wech­seln, wenn man nach einer gewis­sen Zeit andere Themen bearbeiten möchte?

Müller: Bei uns auf jeden Fall. Das kommt auch immer wieder vor.

Es gibt viele Wege, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu werden. Auch die Hochschulen bieten ver­schiedene Studiengänge an, mit de­nen man sich auf diese Berufe vor­bereiten kann.

Müller: Das ist eine gute Entwicklung, die wir sehr begrüßen. Sie erleichtert den Zugang zum Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sehr. Man sollte sich also auf jeden Fall umsehen, was die Hochschulen alles zu bieten haben.

Hat ein Bachelor bei Ihnen diesel­ben Chancen wie ein Master?

Müller: Auf jeden Fall. Wer sich spä­ter beispielsweise berufsbegleitend weiterbilden will, etwa noch den Mas­ter machen möchte, kann das gern tun. Wir unterstützen die Weiterbildung un­serer Mitarbeitenden in jeder Form.

Nicht erspart bleibt einem jedoch die Berufspraxis. Da die Praxiszeit, die man zwischen Bachelor- und Masterstudium abgeleistet hat, in vollem Umfang angerechnet wird, verkürzt sie sich auf maximal zwei Jahre. Erst dann kann man zum Wirtschaftsprüfer bestellt werden. Wer sich nach dem Abitur beeilt, kann den WP so bereits mit 26 Jahren schaffen.

§ 13b WPO ermöglicht es, dass Studienleistungen, die in anderen Studiengängen als den in § 8a WPO genannten erbracht wurden, beim WP-Examen angerechnet werden. Voraussetzung ist, dass die abgelegten Prüfungen in Inhalt, Form und zeitlichem Umfang denen des WP-Examens entsprechen. Auch hier können maximal drei Prüfungen aus den Bereichen angewandte BWL/VWL und Wirtschaftsrecht anerkannt werden. Die Universität Ulm bietet seit einiger Zeit einen solchen Bachelorstudiengang an.

Eine weitere Alternative auf dem Weg zum WP ist AuditXcellence, ein Ausbildungsangebot der Big Four, das zusammen mit dem Institut der Wirtschaftsprüfer und einigen Hochschulen ins Leben gerufen wurde. Es wendet sich an Bachelorabsolventen, die bei einer der großen oder bei einer mittelständischen WP-Gesellschaft erste praktische Erfahrungen gesammelt haben, den WP anstreben und berufsbegleitend ein Masterstudium absolvieren möchten.

Das dreieinhalbjährige Studium ist als Ergänzung zur WP-Ausbildung gedacht und als Blockmodell konzipiert, bei dem sich Studien- und Praxisphasen ablösen. Auf diese Weise bleiben die Mitarbeiter während der Studienzeit ins Unternehmen eingebunden und haben dennoch genug Zeit fürs Studium. Doch das sind nicht die alleinigen Vorteile. So übernehmen die WP-Gesellschaften einen Teil der Studiengebühren und garantieren eine optimale Vorbereitung aufs Examen. Zudem werden dort einige Studienleistungen angerechnet, womit die Teilnehmer von AuditXcellence am Ende nur noch in den Fächern Prüfungswesen und Steuerrecht geprüft werden.

Dass man sogar ohne Studium WP werden kann, unterstreicht nur, wie komplex die Zugangswege bei diesem Beruf sind. In diesem, allerdings seltenen Fall, sind zehn Jahre Berufserfahrung in der Wirtschaftsprüfung nötig, bevor man zum WP-Examen zugelassen wird. Man kann auch zuvor fünf Jahre als Steuerberater oder vereidigter Buchprüfer gearbeitet haben.

Genossenschaftsverband Bayern

Der Verbandsprüfer

VDer Genossenschaftsverband Bayern (GVB) hat über 1.100 Mitglieder, zu denen Volks- und Raiffeisenbanken sowie viele Unternehmen aus anderen Branchen zählen. Geboten wird eine Ausbildung zum Verbandsprüfer, erläutert RA Roland Steininger aus dem Stab Personal.

Roland Steininger

Der Verbandsprüfer dürfte nicht vielen ein Begriff sein.

Steininger: Dabei ist er eine interessante Vorstufe zum Wirtschaftsprüfer. Ihm obliegt insbesondere die Prüfung der Jahresabschlüsse unserer Mitgliedsunternehmen, die er zudem bei regulatorischen Fragen betreut.

Wozu sicherlich eine spezielle Ausbildung gehört.

Steininger: Die theoretische Ausbildung findet an der Akademie Deutscher Genossenschaften in Schloss Montabaur statt.

Und die praktische Ausbildung?

Steininger: Bis zum Verbandsprüferexamen ist man Prüfungsassistentin oder Prüfungsassistent und nimmt an den Prüfungen bei den Mitgliedsunternehmen teil. Es ist eine intensive praktische Ausbildung durch Learning-by-doing. Dieser praktische Teil beginnt sofort und findet direkt vor Ort bei den Mitgliedsunternehmen statt.

Sind das überwiegend Banken?

Steininger: Ja, weshalb eine vorherige Ausbildung als Bankkaufmann hilfreich, aber kein Muss ist.

Welches Studium eignet sich besonders für diese Tätigkeit?

Steininger: Ein BWL- oder ein anderes wirtschaftswissenschaftliches Studium, es können auch Wirtschaftsinformatik, Jura oder sogar ein MINT-Fach sein.

Reichen ein Bachelor und ein Abschluss an einer Fachhochschule?

Steininger: Ja, es müssen weder ein Master noch ein Uniabschluss sein.

Manche Hochschulen bieten heute auch Auditing-Studiengänge an.

Steininger: Was natürlich ebenfalls eine sehr gute Vorbildung ist.

Ersetzen Verbandsprüfer den Wirtschaftsprüfer?

Steininger: Nicht vollkommen. So erfordern beispielsweise Testate nach wie vor einen Wirtschaftsprüfer. Wir begrüßen es sehr, wenn sich jemand nach dem Verbandsprüferexamen in diese Richtung weiterentwickelt und unterstützen ihn oder sie dabei.

Viele Beschäftigte möchten später noch eine Zusatzausbildung machen, etwa berufsbegleitend den Master.

Steininger: Auch das unterstützen wir. Zudem erhalten alle Beschäftigte pro Jahr ein gewisses Fortbildungsbudget, das sie nach Belieben verwenden können.

Viele wollen heute zum Teil im Home Office arbeiten.

Steininger: Aufgrund der Digitalisierung, die längst im Prüfungswesen Einzug gehalten hat, ist das zu etwa 40 Prozent bei uns möglich. Es ist jedoch auch immer wieder die Anwesenheit bei den Mitgliedsunternehmen notwendig.

Der Job ist also mit einer gewissen Reisetätigkeit verbunden?

Steininger: Ja, innerhalb Bayerns, da wir in diesem Bundesland tätig sind.

Viele Prüfungsgesellschaften bieten zunehmend Tätigkeiten als Expertinnen und Experten an.

Steininger: Das ist auch bei uns möglich. Sie werden etwa im IT-Bereich und wegen der umfangreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung verstärkt gesucht.

Noch ein Wort zu den Soft Skills. Welche sind bei Ihnen am wichtigsten?

Steininger: Ganz wichtig sind Team- sowie Komunikationsfähigkeit und die Fähigkeit zu selbständigem und eigenverantwortlichem Arbeiten. Auch ein wichtiger Punkt: Wir haben die Charta der Viefalt unterzeichnet. Geschlechtsneutralität ist für uns selbstverständlich.

Wer nun glaubt, damit sei alles zur WP-Prüfung gesagt, hat die Rechnung ohne die Wirklichkeit gemacht. Denn fast niemand sieht sich in der Lage, trotz der langen praktischen Tätigkeit einfach so ins Examen zu gehen. Dafür bedarf es einer drei- bis viermonatigen intensiven Vorbereitungszeit, in der man in der Regel vom Arbeitgeber freigestellt wird.

Die meisten erarbeiten den alles andere als leichten Prüfungsstoff mithilfe von schriftlichen und mündlichen Lehrgängen, die in vielen Varianten angeboten werden. Das Gleiche gilt übrigens für diejenigen, die vor dem WP-Examen die Steuerberaterprüfung ablegen. Da sich die Kosten für diese Lehrgänge schnell auf ein paar tausend Euro belaufen können, leisten die WP-Gesellschaften, bei denen man seine Assistentenzeit verbringt, hier meist finanzielle Hilfe.

Es würde verwundern, sollte das Lernen jetzt, da man ein frischgebackener WP ist, ein für allemal beendet sein. Wie heutzutage in jedem anderen Beruf ist auch hier lebenslanges Lernen angesagt. Beispielsweise hat die Digitalisierung den WP-Beruf längst erreicht. Damit spielt Software bei der täglichen Arbeit eine bedeutsame Rolle. Der Umgang mit ihr muss erlernt werden. Beherrscht man sie, gibt es sicher bald Upgrades oder neue, noch bessere Software, die wiederum neue Schulungen erfordert. Wie weit die Digitalisierung inzwischen auch in diesen Berufen fortgeschritten ist, wird allein daran deutlich, dass die DATEV, der IT-Dienstleister für 40.000 Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, heute 3.500 Fachkräfte im IT-Bereich beschäftigt.

Abgesehen davon gibt es ständig neue Gesetze und Gesetzesänderungen, Erlasse der Finanzverwaltung sowie neue Rechtsprechung, die berücksichtigt werden müssen. Die International Financial Reporting Standards (IFRS) sind nur ein Beispiel von vielen.

Doch wie findet man heraus, ob dieser Beruf etwas für einen sein könnte? Auf diese Frage haben die meisten, die ihn ergriffen haben, eine klare Antwort: Man sollte auf jeden Fall ein — nicht zu kurzes — Praktikum bei einer Prüfungsgesellschaft machen. Die meisten bieten Praktika nach dem vierten Semester im Bachelorstudium an. In der Regel wird man bereits früh bei Betriebsprüfungen eingesetzt, das Live-Erlebnis lässt also nicht lange auf sich warten.

Je eher man diese Erfahrung macht, desto besser. Sollte sie einem gefallen, kann man noch einen Teil des Studiums auf diesen Beruf ausrichten, indem man sich beispielsweise verstärkt mit Rechnungswesen, Finance, Controlling und Steuern befasst. Die Wirtschaftsprüferordnung schreibt jedoch keine bestimmten Studienfächer vor.

Man kann während des Praktikums auch gleich prüfen, ob man über die anderen Skills verfügt, die außer den bereits genannten für diesen Beruf erforderlich sind. Wirtschaftsprüfer arbeiten in der Regel im Team, ohne Teamfähigkeit geht es also nicht. Dazu gehören auch gute Communication Skills, vor allem wenn man Mandanten berät. Denn die oft sehr komplexen Materien, mit denen es Wirtschaftsprüfer meist zu tun haben, erfordern eine klare Ausdrucksweise. Die Mandanten wollen verstehen und nachvollziehen können, worum es geht. Während einem bei großen Unternehmen meist Fachleute aus dem Rechnungswesen, der Steuer- oder Rechtsabteilung — also Profis — gegenübersitzen, die die Fachsprache beherrschen, ist es bei einem mittelständischen und vor allem bei kleineren Unternehmen nicht selten der Inhaber, der etwas mehr Erklärungen benötigt als die gewieften Experten.

Dass man als Wirtschaftsprüfer darüber hinaus analytisch und strukturiert denken können muss, versteht sich von selbst. Großartige mathematische Kenntnisse sind zwar nicht erforderlich, mit Zahlen sollte man aber nicht auf Kriegsfuß stehen. Nicht zuletzt sind Wirtschaftsprüfer Dienstleister. Nicht nur wenn sie beratend tätig sind, kommen sie ohne kundenorientiertes Denken nicht aus. Denn auch in dieser Branche ist die Konkurrenz groß.

Wer in dieser Branche seine berufliche Zukunft sieht, hat also eine gute Wahl getroffen — eine hochinteressante, abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Arbeit, hohes Renommee, ein guter bis sehr guter Verdienst und viele Entwicklungsmöglichkeiten in unterschiedlichste Richtungen warten auf einen. Außerdem ist man direkt am Puls der Wirtschaft, was unmittelbare und tiefe Einblicke garantiert. Etwas, das nicht nur Anfänger fasziniert.