Nach der Pandemie haben sich die dunklen Wolken über der Reisebranche verzogen. Wer hier arbeiten will, findet an einigen Hochschulen genau das richtige Studium.

Studienreport Tourismus

Sie sind wieder unterwegs

Seit dem Frühjahr 2022 geht es mit dem weltweiten Tourismus wieder aufwärts. Viele Länder hoben ihre Einreisebeschränkungen wegen Corona auf. Die Buchungen stiegen rasant, die Lust auf Urlaubsreisen nahm schlagartig zu. Insgesamt stiegen die Reisen aus Deutschland 2022 zwar um knapp 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr, lagen jedoch noch 15 Prozent unter denen des Vor-Corona-Jahres 2019. 2023 wird es nochmals besser aussehen als 2022. 2024 strebt man dann wahrscheinlich neuen Rekorden entgegen, die 2019 in den Schatten stellen dürften.

Falls nicht wieder irgendeine Krise einen Strich durch die Rechnung macht. Denn krisenanfällig ist die Branche. Läuft die Konjuktur schlecht, wird auch beim Reisen gespart. Statt auf andere Kontinente geht es dann eben in ein Nachbarland, oder man bleibt gleich im eigenen Land, wie schon während der Pandemie.

Die Hochschule Worms bietet bereits seit Jahrzehnten ein umfangreiches Ausbildungsprogramm für alle, die sich für Tourismus und Luftfahrt interessieren. Dabei wird vom Fachbereich Touristik und Verkehrswesen die gesamte Reisekette abgedeckt — vom Vertrieb bis zur Unterkunft. Was einmalig in Deutschland ist, meint der Dekan Prof. Hans Rück. Weiter ...

Allerdings: Da die „schönsten Wochen des Jahres“ längst zu einem festen Teil des heutigen Lebensstils geworden sind, stellen viele lieber andere Ausgaben zurück, um sich selbst bei knapper Kasse noch einen Trip nach Mallorca leisten zu können. Das alte Sofa muss es dann eben noch ein Jahr tun.

Nachdem die Erinnerungen an die bösen Corana-Jahre, als viele Hotels, Restaurants und Reisebüros pleite gingen, mehr und mehr verblassen, wird in der Branche wieder mehr gelächelt. Vor allem, wenn man an die Hunderte von Millionen Menschen denkt, die in vielen Ländern wie Indien oder China in den Mittelstand aufsteigen. Sie wollen reisen, und das tun sie auch. Weniger im Moment die Chinesen, deren Land in einer Wirtschaftskrise steckt. Umso mehr die Inder, die sich eines stabilen Wirtschaftswachstums erfreuen.

Mit der zunehmenden Reiselust  dürfte auch der zuvor viel kritisierte „Overtourism“ wieder ein Thema werden, der sich während der Pandemie erst einmal erledigt hatte. Zuvor war er beispielsweise in Venedig, Dubrovnik, Barcelona oder auf Mallorca zu besichtigen.

An der Hochschule Rhein-Waal in Kleve geht es um nachhaltigen Tourismus. Bei dem interdisziplinären Studiengang erfährt man viel über Wirtschaft, Ökologie, Geo-grafie, Recht, und Soziologie. Damit man künftig dazu beitragen kann, den Tourismus umwelt- und sozialverträglicher zu machen, sagt sein Leiter Prof. Dirk Reiser. Weiter ...

Doch es gibt auch spezielle Angebote, bei denen man sich vom Massentourismus fernhalten kann. Etwa Senioren- und Kulturreisen oder den Ökotourismus, bei dem man sich beispielsweise in der Toscana oder anderen italienischen Regionen in Bauernhöfe einquartieren kann, was dort auch „Agriturismo“ genannt wird. Diese Trends sind zudem eine gute Chance, eine kaufkräftige Klientel anzusprechen.

Überhaupt ist Nachhaltigkeit auch im Tourismus ein wichtiger Begriff geworden. Dass Touristenhorden wie die Barbaren über andere Länder herfallen, will heute niemand mehr. Mallorca mit seinem Ballermann ist zu einem der abschreckendsten Beispiele geworden. Jetzt wird dort daran gearbeitet, sich vom Massentourismus abzusetzen, was am besten über Preiserhöhungen funktioniert.

Nachhaltigkeit im Tourismus kann an vielen Stellen ansetzen. Das beginnt bei den Transportmitteln, die beim Reisen allgegenwärtig sind und von denen man heute schon einige auf E-Antrieb umstellen kann. Und es endet bei den Hotels, die nicht täglich frische Handtücher ins Badezimmer legen müssen und so Wasser sparen, was die Bauern der Umgebung schätzen werden. Dann muss auch kein norwegischer Lachs nach Kreta eingeflogen werden, stattdessen sollte man sich an den lokalen Speisen erfreuen.

Teilweise müssen aber auch die Einheimischen lernen. Etwa, dass man alte Kühlschränke und Nähmaschinen nicht irgendeinen Hang runterwirft, wo sie dann über Jahre verrotten. Auch, dass Plastiktüten in Supermärkten keine gute Idee sind. Da sollten umweltbewusste Touristen viel mehr murren, wenn sie ihnen und der dortigen Umwelt zugemutet werden. Oder man denke an die vielen stinkenden Lastwagen, die im Süden Europas rumfahren.

Nachhaltigkeit ist also eine Gemeinschaftsaufgabe, sowohl der Feriengäste als auch der Einheimischen. Beide sollten ein Interesse daran haben, die Umwelt zu schützen und dafür zu sorgen, dass man auch im nächsten Jahr gern wiederkommt.

Doch es geht nicht nur um die Umwelt, sondern auch um soziale Fragen. So hat der Tourismus nicht nur positive Seiten, weil er ein großer Arbeitgeber ist — weltweit arbeiten über 100 Millionen im Tourismus — und viele Staaten die Einnahmen aus dieser Branche sehr gut brauchen können, bei einigen Reiseländern kann er zwischen zehn und 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen. Er kann aber auch Strukturen zerstören. So beklagen viele Restaurants, in deren Nähe plötzlich große Hotelanlagen eröffnet werden, dass sie so gut wie keine Gäste mehr haben, weil diese meist Halb- oder Vollpension gebucht haben.

Ab in den Urlaub ist auch ein Ab in den Gegenalltag, wo man Neues kennenlernen will und Spaß haben möchte. Gereist wird also immer. Wer den Tourismus als Berufsziel sieht, lernt an der FH Westküste alles, was man dazu braucht, versichert Studiengangsleiter Dr. Tim Harms. Und man studiert in einem beliebten Reisegebiet. Weiter ...

Andererseits finden clevere Einheimische oft Nischen, die ihnen neue Geschäftsmöglichkeiten bieten. Ob sie spezielle Produkte ihres Landes herstellen und anbieten oder Dienstleistungen wie Ausflüge in die Umgebung, Tauch- oder Segelkurse. So entsteht im Umfeld von größeren Ferienanlagen oft eine ganze Ökosphäre, die etlichen Menschen Arbeit gibt.

Soziale Folgen der negativen Art kann es haben, wenn Reisekonzerne die Hotels vor Ort zu Dumpingpreisen zwingen, was wiederum dazu führt, dass diese ihr Personal mit Minilöhnen abfinden müssen. Die Konzerne rechtfertigen sich damit, dass die Konkurrenz bei Billigreisen hart sei und sie deshalb die Leistungen so günstig wie möglich einkaufen müssten. Dennoch seien die Gewinnmargen je Reisendem äußert schmal.

Vielleicht würde es helfen, wenn Urlaubsreisen grundsätzlich mehr Wert zugemessen würde, womit nicht nur Wühltischpreise angeboten werden müssten. Denn fest steht auch, dass die zwei-, drei- oder vierwöchigen Urlaubsreisen durchaus gut für die Gesundheit sind, wenn man sich in der Zeit vernünftig und ausgewogen verhält. Viele schöpfen daraus Kraft für den Beruf und das Alltagsleben in der Heimat. Sie haben also über das Sightseeing und das „let the good times roll“ hinaus große Bedeutung, die mit Sicherheit ein paar Euro mehr wert sind.

Ob Städte-, Kultur- oder Abenteuerreise, ob Ski- oder Segelurlaub, ob Kreuzfahrt, Strand- oder Wanderurlaub, das Angebot für den Urlaubssuchenden ist riesig. Immer dort, wo man mit anderen Ländern und anderen Kulturen in Berührung kommt, sollte einem bewusst sein, dass man stets ein bisschen als Botschafter seines Landes unterwegs ist. Dabei kann man Sympathien gewinnen oder auch verspielen. Ersteres ist besser. Reiseveranstalter, die vor Ort Reiseleiter beschäftigen, sorgen deshalb meist dafür, dass die neu ankommenden Gäste für ihr Urlaubsland sensibilisiert werden — was man also tun und sagen kann, und was besser lassen sollte.

Stellt man es richtig an, kann Tourismus zur Völkerverständigung beitragen. Und die war noch nie so wichtig wie heute, da die Welt immer mehr Spaltungstendenzen aufweist. Zwar gibt es auch diese Erkenntnis: Travelling opens an open mind and closes a closed mind. Womit gemeint ist, dass einige offen für neue Erlebnisse sind, die dann zu neuen Einsichten führen, während andere nur ihre Vorurteile bestätigt sehen wollen. Wer in die zweite Kategorie fällt, sollte versuchen, da irgendwie rauszukommen.

Stichwort „Open Mind“. Er ist eine gute Grundlage, um im Tourismus zu arbeiten und in dem Beruf erfolgreich zu werden. Denn Tourismus ist Dienstleistung und damit People Business. Menschen stehen also im Mittelpunkt. Man darf keine Scheu vor ihnen haben, sondern muss es lieben, mit ihnen umzugehen. Außer man plant von vornherein, für den Rest seines Berufslebens in der Verwaltung abzutauchen. Und man darf nie vergessen, dass Tourismus, weil er in erster Linie mit Urlaub verbunden ist, ein delikates Gut ist. Die Kunden kommen mit großen Erwartungen und voller Hoffnung auf eine schöne Zeit. Viele haben dafür lange gespart, vielleicht sogar einen Kredit aufgenommen und sich tausend Gedanken gemacht, wohin sie fahren möchten. Natürlich möchten sie aufmerksam und zuvorkommend behandelt und mit einem Lächeln empfangen werden.

Dieser Feel-Good-Faktor muss bereits beim Anruf bei einem Reiseveranstalter, bei der Airline oder im Hotel rüberkommen. Wer Tourismus nur als Sonderfall der Logistik sieht, bei dem es darum geht, Menschen von A nach B zu transportieren und zwischendrin dafür zu sorgen, dass sie nicht verhungern, ist fehl am Platz. Touristen sind in der Welt zu Gast — und als Tourismusmanager oder Tourism Operator hat man die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie einen angenehmen Aufenthalt haben. Thomas Cook, der als der Erfinder des Pauschaltourismus gilt, weil im Preis der von ihm organisierten Bahnreise ein Schinkenbrot und eine Tasse Tee enthalten waren, hätte das sicher unterschrieben.

Wer sich für diesen Wirtschaftssektor interessiert und dort Karriere machen möchte, findet heute an mehreren Hochschulen Tourismus-Studiengänge. Hat man vor dem Studium praktische Erfahrungen erworben, beispielsweise durch eine Berufsausbildung zur Reisefachwirtin oder zum Reisefachwirt, erhöht das die beruflichen Chancen nochmals.

Internationalität ist ein Kennzeichen der Reisebranche. Deswegen sollte man gut Englisch sprechen und am besten gleich noch eine andere Fremdsprache beherrschen. Außerdem sind Auslandserfahrungen nützlich, die man bereits während des Studiums sammeln kann — etwa durch Praktika oder Auslandssemester. Oder man absolviert gleich das ganze Studium im Ausland.

Spricht man mit Tourismusexperten, fällt auf, dass sie alle ein Faible fürs Reisen haben. Stubenhocker trifft man hier nicht. Wer sich selbst als Reise-Fan sieht, kann also bei einem Tourismusstudium davon ausgehen, sich unter seinesgleichen wiederzufinden. Den Open Mind gibt es obendrauf.

© WISU 1123/1052